Bela B: Was wir zum Buch über Machtmissbrauch im Musikbusiness wissen


No Fun: In seinem neuen Roman „Fun“ blickt der Ärzte-Drummer in Abgründe patriarchaler Strukturen.

Bis zuletzt hatte Geheimhaltung geherrscht: Bis zu seinem gestrigen Veröffentlichungsdatum (27.1.) war nichts zum Inhalt des neuen Romans des singenden Drummers der Ärzte, Bela B, durchgesickert. Die offizielle Pressmitteilung des Verlags verriet nur: „Fünf Musiker, drei Konzerte, eine Stadt in der Provinz. Eine Woche im Leben der erfolgreichen Band nbl/nbl. Eine Woche, nach der nichts mehr so ist, wie es war.“ Hinter dieser Inhaltsangabe hätte sich alles verbergen können.

Vollgepackt mit Sprengstoff

Und dass Bela B, der sich für seine literarische Karriere seinen bürgerlichen Nachnamen Felsenheimer hintendran hängt, imstande ist, alles zu schreiben, hatte er bereits vor fünf Jahren mit seinem Debütroman bewiesen: „Scharnow“ ließ sich, analog zur Musik seiner Band, nicht fassen. War das Action-Thriller, Heimatroman, Fantasy, Gesellschaftskritik oder Skurrilitätskabinett? Vor allem war das Werk ein bravouröser Eintrag in die von Bela B geliebte Gattung der Pulp-Fiction – und natürlich ein Bestseller. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis der Nachfolger erschien. Und der steht nun vollgepackt mit Sprengstoff in den Regalen.

Drastisch geschrieben

Der Titel führt in die Irre: Ihren Fun haben hier nur Männer, mächtige Männer. „Fun“ ist ein wichtiges Buch über frauenverachtende Folgen patriarchaler Strukturen – mit teils sehr drastisch geschriebenen Passagen. Im Zentrum steht die fiktive Rockband nbl/nbl, doch der Horror greift auch abseits von Backstageräumen und Hotelzimmern um sich. Der Plot frei erfunden, hätte sich aber genauso quasi immer und überall abspielen können.

„Konkrete Fälle sind mir persönlich nicht bekannt“, sagte Bela B dem „Spiegel“, „aber wenn man hätte hinschauen wollen, hätte man das über die Jahrzehnte überall entdecken können.“ Zwar beginnen die dargestellten Treffen von weiblichen Fans mit ihren männlichen Idolen zunächst auf freiwilliger Basis, doch die Methoden, mit denen die Mädchen für die Aftershow-Partys ausgewählt werden, sowie der anschließende Umgang mit ihnen, zeugen von reiner Frauenverachtung und Machtmissbrauch.

Woran man dabei denken muss

Parallelen zum Skandal um die andere große Band aus Berlin, Rammstein, drängen sich da auf. Doch Bela B wehrt ab: „Es liegt mir nichts daran, von einem Skandal von vor zwei Jahren zu profitieren.“ Die Gefahr einer Verwechslung mit der Wirklichkeit erachtet er als überschaubar. „Patriarchale Strukturen, die zur Ausbeutung der Frau im sexuellen Sinne führen, die Frau als Trophäe, als Bedienstete männlicher Bedürfnisse – das gibt es überall.“ Das Rockkonzert-Setting habe er gewählt, da er sich „nach vier Jahrzehnten im Rockbusiness da wirklich gut auskenne.“

Infos im Überblick

„Fun“ ist am 27.1. bei Heyne erschienen. Im nächsten Musikexpress, ab 14. Februar am Kiosk, präsentieren wir Auszüge aus dem Buch.