Bahnbrechend


Das extrem einflussreiche Elektro-Label Ninja Tune startet in die zweite Dekade. ME präsentiert die besten Tracks der Londoner Innovatoren.

„Wirklich bahnbrechend zu sein, schafft man vielleicht nur, wenn man nicht krampfhaft versucht, bahnbrechend zu sein“, philosophiert Ninjas Labelmanager Peter Quicke. Es fällt dem sympathischen Mittdreißiger nicht leicht, Erklärungen für den immensen Einfluss zu finden, den das Label Ninja Tune über die letzten zehn Jahre weltweit auf das Dance-Genre ausgeübt hat. „Als Matt [Black] und Jon [More, d.Red.] 1990 das Label gründeten, hatten sie natürlich schon den Idealismus, anders zu sein“, überlegt er, und rollt sich strumpfsockig auf seinem Bürostuhl durch das kreative Chaos in den Londoner Ninja-Headquarters. Peter trifft seit neun Jahren alle wichtigen Entscheidungen, um so die Labelgründer Matt Black und Jon More zu entlasten. „Matt und Jon sind immer über alles informiert und haben oft produktive Ideen für das Label. In erster Linie aber sind sie Coldcut“, erklärt er. Und mit Coldcut begann auch die erstaunliche Historie dieses Labels im Jahre 1987, als die DJs, Musiker und Produzenten Mat und Jon mit „Hey Kids, What Time Is It?“ den ersten BreakBeat-Track überhaupt veröffentlichten. Es folgte ein werteres Novum – der erste Remix, der selbst zum Hit wurde: eine Coldcut-Collage aus dem Eric B. & Rakim-Song „Paid In Full“ und zerstückelten Vocaltracks von Ofra Haza ging weltweit in großen Stückzahlen über die Ladentische. Ende der 80-er Jahre aber brachen Coldcut zu neuen Ufern auf: Matt und Jon hatten nicht nur die Cewissheit, Top 10-Hits bei Bedarf nach Belieben aus dem Ärmel schütteln zu können (Coldcut produzierten z.B. Lisa Stansfield und „The Only Way Is Up“ von Yazz), die beiden waren nach schlechten Erfahrungen mit großen Plattenfirmen auch motiviert, selbst ins Business einzusteigen, um sich künstlerisch größere Freiräume zu schaffen. So gründeten Matt und Jon 1990 Ninja Tune, um mit ihren Veröffentlichungen über nun mehr als zehn Jahre elektronische Musik entscheidend zu prägen: Instrumentaler HipHop (der bald „TripHop“ getauft wurde – ein Genre, das in seiner Vielfalt ohne Ninja Tune nicht denkbar wäre) war der Ausgangspunkt, von dem sich Künstler wie Amon Tobin, Kid Koala, DJ Food, The Herbaliser, DJ Vadim und natürlich Coldcut in sämtliche Dance-Bereiche zwischen (Acid-)Jazz, Jungle, Easy Listening, BreakBeat und Drum’n’Bass ausbreiteten. Entscheidend an dieser Entwicklung beteiligt war Peter Quicke, der seit Anfang der 90-er Jahre Labelmanager ist und seine Berufserfahrung kurioserweise auf der Käsefarm seiner Eltern gesammelt hat. „Wahrscheinlich ist es gerade im Music-Business wichtig, die Beine auf dem Boden zu behalten. Dann besteht nicht die Gefahr, sich völlig in der Musik zu verlieren“, so Peter nachdenklich. Ein Experte und Liebhaber des Ninja-Sounds ist er in jedem Fall, und so suchte er sich vor knapp zwei Jahren Freibank als idealen Verlagspartner für Deutschland und Österreich aus. „Wir waren für Ninja Tune attraktiv, da wir ein sehr gutes Repertoire von über 20.000 Titein haben und die mechanischen Vervielfältigungslizenzen direkt beim Tonträgerhersteller kassieren können“, so Stefan Trottnow, Freibanks Royalty-Manager, der mit dem ME das Tracklisting der Ninja-Compilation zusammengestellt hat. www.ninjatune.net