Bad Company – Die schlimmen Jungs ziehen wieder los


Ein gutes Jahr lang war hierzulande von Bad Company nicht viel zu hören. Doch nun ziehen die schlimmen Jungs wieder los: Anfang April geben sie sechs Konzerte in der Bundesrepublik (siehe Tourneepläne), um sich einzuspielen für eine große Tourdurch Amerika. Außerdem kommt in diesen Tagen eine neue, überzeugende LP auf den Markt, deren Vorgeschichte ein Schlaglicht auf das Selbstbewußtsein der vier britischen Musiker wirft: Sie reisten nach Frankreicli ins Aufnahmestudio, obwohl sie zu fiesem Zeitpunkt noch keinen einzigen Song komponiert hatten.

Das neue Album „Burnin‘ Sky entstand in den „Le Chateau“-Studios in Herouville; dieser Ort liegt nördlich von Paris und ganz in der Nähe des ebenso futuristischen wie gräßlichen Pariser Flughafens „Charles de Gaulle“. Die Aufnahmestudios ruhen in einem echten Schloß, und Bad Company hat die Arbeit in dieser Umgebung hörbar Spaß gemacht. Bassist Boz Burell: „Als wir ankamen, hatten wir ja nur einige Ideen für neue Songs. Aber im Studio lief ständig ein einfaches, zweispuriges Band, das alles aufnahm, was passierte — wenn wir tranken, Gitarre spielten oder ‚rumjuxten. Auf diese Weise kam alles in Schwung, wir fanden einige Themen für die Musik und die Texte. Ja, das war schon lustig.“

In der Tat: auf „Burnin‘ Sky“ steckt eine nette Erinnerung an Le Chateau, und sie wird weder auf der Plattenhülle noch auf dem Plattenlabel angekündigt. Zwischen den Songs vier und fünf auf Seite eins singt die Band bier- und weinselig die englische Version des wohlbekannten Volksliedes „Mein Vater war ein Wandersmann.“ Das klingt genauso wie der Gesang unserer Väter, wenn sie im Zuge des Betriebsausflugs durch die Weinlokale an der Mosel ziehen.

Burnin‘ Sky

Nicht nur die Hinwendung zum Sauflied dokumentiert indes, daß Bad Company auf dem vierten Longplayer ein breiteres musikalisches Spektrum verarbeitet hat. Die siebenminütige Nummer „Master Of Ceremony“ etwa, ein stellenweise sehr ironisches Stück über Probleme menschlichen Zusammenlebens, lebt von einem monotonen Funk-Rhythmus, der vornehmlich vom Baß getragen wird. Darüber liegt deklamatorischer Sprechgesang, durch elektronische Filter aufs äußerste zusammengepreßt – Paul Rodgers singt im Blecheimer. Ein ungewohnter Sound zeichnet auch den Song „Everything I Need“ aus, der als erste Single aus dem Album ausgekoppelt wurde: Paul benutzt jenen Gesangsstil, der in den späteren fünfziger und frühen sechziger Jahren für Amerikas Hitparaden-Stars charakteristisch war („oh“ – Kiekser – „oh ooooh“ – Kiekser – „Baiüiiibyyyyyy“) Ansonsten bringt“.Burnin Sky“ wieder den bewährten Sound, den die Band bei ihrer Gründung von den Free übernahm: Glasklar kommt er aus den Boxen, wirkt übersichtlich, kraftvoll, frisch und wie aus einem Guß und lebt vornehmlich vom Rhythm & Blues. Vor allem die amerikanische Rockgemeinde honoriert dieser Qualitäten: Das neue Album wurde bereits aufgrund der Vorbestellungen vergoldet.

Die Bad Company-Musiker (Paul Rodgers, voc; Mick Ralphs, git; Boz Burrell, b; Simon Kirke, dr) haben sich von Beginn ihrer Zusammenarbeit an auf Amerika konzentriert und sind dort mit Hilfe des von Peter Grant geleiteten Swan Song Managements (das auch hinter Led Zeppelin steckt) schnell zu Topstars aufgestiegen. Europa geriet zwangsläufig ins Hintertreffen, doch sind es nicht kommerzielle Gründe allein, die für Amerika sprechen, ,3s ist einfacher dort zu arbeiten“, erklärt Baßmann Burrell im Gespräch mit dem ME. „Die ganze Szene dort ist viel professioneller. Obwohl Europa aufholt. England zum Beispiel. Die englischen Promoter gehen wohl in die USA, um zu sehen, wie es dort läuft.“

Bad Company tritt in den USA meist vor 16.000 bis 20.000 Zuhöreren auf. Sind das eigentlich noch annehmbare Konzertbedingungen? „Der Sound in solchen Riesenauditorien ist sehr gut“, meint Burrell. „Aber viele Leute können natürlich nicht alles genau sehen. Wir würden gerne mit Kameras arbeiten und die Show auf eine Riesenleinwand werfen. Aber die Ausrüstung, die dafür nötig wäre, ist verdammt teuer.“

Seitensprünge

Die Band ist jedes Jahr lange Zeit in den USA. 1976 waren es drei Monate, bevor zum erstenmal seit vier Jahren ein längerer Urlaub für alle Musiker auf dem Programm stand. Tourneen, die Wochen und Monate dauern, dann wieder Plattenaufnahmen und wieder Konzertreisen – eingentlich müßte solch ein Leben wie Sprengstoff wirken in einer Band, deren Mitglieder dauernd zusammen sein und zusammen arbeiten müssen. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Rockgruppen hat Bad Company dieses lebenswichtige Problem in den Griff bekommen. „Wir wußten bei der Gründung der Band, was auf uns zukommen würde“, sagt Burrell, ,schließlich hatten wir alle vorher lange genug Rockmusik gemacht.“

Entscheidend wirkt sich dariiberhinaus offenbar auch die Tatsache aus, daß alle vier Musiker noch Jahr für Jahr genügend Freiraum für persönliche Interessen finden. Vor allem Simon Kirke, der mal hier, mal da für eine Session einsteigt, und Boz Burrell gehen gern fremd. „Manchmal“, erzählt Burrell, „wenn im Bad-Company-Programm ein bißchen Luft steckt, gehe ich mit einer zusammengewürfelten Gruppe auf Tour durch die britischen Colleges. Mitch Mitchell macht da gelegentlich mit, Poli Palmer, Henry McCullough oder Roger Chapman. Wir mieten einen Laster für die Ausrüstung, treten auf und kippen anständig was in die Kehle. Bei Bad Company-Tourneen geht das nämlich nicht. Bei einem so großen Act würden sonst die Dinge leicht außer Kontrolle geraten.“