ALVVAYS


Transgressive/[PIAS] Cooperative/Rough Trade

Ebenso beschwingter wie leichtfüßiger Fuzz-Pop mit zahlreichen Retroquerverweisen. Der klassische C86-Popsound, benannt nach der legendären, 1986 dem „NME“ beigelegten gleichnamigen Kassetten-Compilation, feiert gerade allerorten seine fröhliche Wiederauferstehung und wird einer historischen Neudefinition unterzogen. Und genau in diesen Kontext passt auch das Debütalbum dieses kanadischen Pop-Quintetts. Alvvays konzentrieren sich auf ihrem ersten Longplayer auf diese Phase der Popmusik und klingen dabei über weite Strecken erstaunlich zeitgemäß. Musikalisch ist der Blick der Band um Sängerin und Gitarristin Molly Rankin ganz auf die 80er-Jahre fixiert, ohne dadurch in die nicht ganz ungefährliche Retrofalle zu tappen. Nicht nur für alle Liebhaber gepflegt quirligen Gitarrenpops, die immer noch den guten alten Zeiten nachtrauern, eine gute Nachricht. Mit Nummern wie „Atop A Cake“ oder „The Agency Group“ wären Alvvays damals ziemlich genau zwischen den Shop Assistants, Close Lobsters, Soup Dragons und The Mighty Lemon Drops gelandet und damit garantiert nicht weiter negativ aufgefallen. 2014 entfaltet genau diese Unbekümmertheit, mit der viele dieser Bands damals nur einen Sommer lang glänzen konnten, eine ganz neue Strahlkraft und lässt die Konkurrenz dabei ein ums andere Mal blass aussehen. Was auf den ersten Eindruck noch recht harmlos klingt, erweist sich bei näherer Betrachtung als das genaue Gegenteil. Viele der neun Songs transportieren perfekt das Lebensgefühl einer neuen Generation und kommen dabei ganz ohne übertriebenes Pathos aus. Produzent Chad VanGaalen hat einen verdammt guten Job gemacht und aus der Band alles herausgeholt, ohne dabei das kristallklare Klangbild mit überflüssigen Verzierungen aufzupolieren. In gut 32 Minuten öffnet sich so für den Hörer ein ganz wunderbar unsentimentaler Klangkosmos, der trotzdem immer von einem Hauch von Melancholie umweht wird. Mit ihren erklärten Vorbildern Teenage Fanclub, Belle & Sebastian und The Vaselines können Alvvays auf ihrem Debütalbum meist mühelos mithalten. Das zeigt sich schon beim geradezu hitverdächtigen, von einer genialen Melodie getragenen Opener „Adult Diversion“ – nachzuhören übrigens auch auf unserer letzten Heft-CD -und hört bei Songs wie „Party Police“ oder „Next Of Kin“ längst nicht auf. Absolutes Glanzlicht der Platte ist aber ohne Frage „Archie, Marry Me“. Eine Nummer, die in gut drei Minuten alles zusammenfasst und bündelt, was die besondere Magie von Alvvays ausmacht. Ein Song, dessen Genialität einen sprachlos zurücklässt. Anderen Bands gelingt in ihrer ganzen Karriere keine vergleichbare Komposition. Alvvays besitzen jedenfalls genug musikalisches Potenzial, um ihnen weit über den Sommer 2014 hinaus eine vielversprechende Zukunft zu prophezeien. **** 1/2