„Als ob ihnen der Mond gehörte“


Ein Musikvideo-Blind-Date bietet sich bei einem Regisseur natürlich an. Deshalb hat sich Michel Gondry, dessen neuer Film "The Green Hornet" dieser Tage in die Kinos kommt, mit uns durch YouTube-Videos geklickt.

Trailer zu „the Green Hornet“

Haben Sie wirklich einen Fernseher aus dem Fenster des „The Standard“-Hotels in Los Angeles geschmissen? Oder ist das nachträglich reinmontiert?

Michel Gondry: Nein, nein. Es ist ein Kühlschrank. Ein echter Kühlschrank. Das ist tatsächlich dort gemacht worden. Ich arbeite nicht gerne mit zu vielen Effekten und zu viel CGI (Computer-Generated Imagery – Anm. d. Red.). Wissen Sie, irgendwie sieht man das am Ende doch. Die Dynamik fehlt. Explosionen gab es auch vor 30, 40 Jahren schon in Filmen. Und da hat noch niemand von CGI gesprochen. Bluescreen mussten wir natürlich verwenden. Aber nach einer Woche war ich echt deprimiert. Es ist so langwierig, mit Bluescreen zu arbeiten.

Mir gefällt die Szene mit diesen großen Lastwagen …

Die Idee, die Trucks als Waffen zu benutzen, fanden die Produzenten am Anfang nicht so gut. Zu schwerfällig, sagten sie. Aber wenn ich das jetzt sehe, bin ich froh, dass ich mich durchgesetzt habe. Ich mag Filme, in denen Trucks vorkommen. Vor allem Actionfilme.

Björk

„Human Behaviour“

Ich fand im Trailer auch eine Referenz zu diesem recht alten Video von Ihnen: Sie lassen Ihre Protagonisten auf genau die gleiche Art von den Trucks überfahren wie hier den Igel …

Sie haben recht, aber das hat damit nichts zu tun. Dass jemand unter einem Auto verschwindet und am Ende doch noch lebt, ist recht häufig, zumindest im Film. Aber schön, dass Sie mir das Video zeigen, ich habe es lang nicht gesehen. Die Arbeit mit Björk war immer perfekt. Sie mochte das, was ich für meine eigene Band machte – und mochte mich. Deshalb konnte ich immer alles nach meiner Vorstellung realisieren. Hier, sehen Sie den Mond? Mit der Russland-Flagge? Das habe ich eingebaut, weil ich es so respektlos fand, dass die Amerikaner nach der Mondlandung ihre Fahne hissten. Als ob er ihnen gehören würde. So ekelhaft.

Oui Oui

„La Ville“

Eines meiner älteren Videos. Für meine eigene Band. Sie müssen meine DVD kaufen, darauf sind alle Clips, die wir gemacht haben. Glaube ich. Das Video basiert auf einem Traum, den ich hatte, in dem ich ein genaues Bild von New York zeichne, davon wie man mit dem Flieger dort landet. Und als ich dann zum ersten Mal dort ankam, stellte ich fest: Es sah tatsächlich so aus wie in meinem Traum!

The White Stripes

„Fell In Love With A Girl“

Das Kind, das die Legosteine am Anfang des Videos aufbaut, ist mein Sohn! Meine Ex-Freundin kommt auch vor. Es war eine Menge Arbeit, weil es in Stop-Motion gedreht wurde und wir jedes Bild einzeln abfotografieren mussten. Ich hatte aber ein gutes Team, so Punk-Typen, die drei Wochen lang mit Lego-Steinen herumspielten. Das ist echt schwierig, da irgendetwas zu animieren oder zu faken: Du müsstest dir ja ganz genau merken, welcher Stein wo steckte. Da ist nichts digital dran.

The Chemical Brothers

„Star Guitar“

Ich hatte gerade ein Mädchen kennengelernt – und es wurde bei einer Reise in einem Schlafwagen zu meiner festen Freundin. Als die Chemical Brothers mich baten, ein Video zu „Star Guitar“ zu machen und davon sprachen, dass der Song etwas mit einer Reise zu tun habe, zog ich diese Verbindung. Wir filmten die Strecke zwischen Marseille und Lyon. Mein Bruder Oliver machte mit, er kümmerte sich um die Technik und alle Effekte. Er ist mittlerweile selber ein Regisseur. Das ist ein Drama, jetzt hat er keine Zeit mehr, und ich muss für solche Dinge Leute anstellen, die Geld wollen. Und Leute, die so gut sind wie er, wollen meistens sehr viel Geld. Ich hätte ihn nicht so fördern dürfen. (lacht)

Mia Doi Todd

„Open Your Heart“

Das habe ich ausgewählt, weil es das neuste Ihrer Musikvideos ist. Wer ist Mia Doi Todd?

Meine Ex-Freundin. Die Idee mit den vielen bunten T-Shirts hatte ich schon vor einer Weile. Ich mag Regenbögen. Ich mag auch die Colorbox. Ich schlug oft Bands vor, damit zu arbeiten, aber irgendwie passte es nie ins Konzept. Also brachte ich es bei meiner damaligen Freundin unter. Ich musste das Video selber bezahlen, mag es aber gerne. Der Clip selbst ist nicht so ausgefeilt, die Sache mit den Farben gibt ihm aber sehr viel Kraft.

Coolio feat. l.v.

„Gangsta’s Paradise“

Zum Schluss ein Song, der in einer zentralen Szene Ihres Films vorkommt.

Das war die Idee von Seth Rogen (dem Hauptdarsteller – Anm. d. Red.). Ich war am Anfang etwas skeptisch, weil es doch etwas plakativ rüberkommt. Aber als sie nach South Central fahren, wo über der Telefonleitung Turnschuhe hängen und die Gebiete der einzelnen Dealer markieren, passte es dann doch ganz gut. Ich mag Hip-Hop. Nicht unbedingt Coolio. Aber Sachen wie MF Doom oder auch Kanye West. Rap ist selten Retro. Die Nummer schon, aber eigentlich ist Hip-Hop eines der wenigen Genres, die sich immer wieder erneuern.

Filmkritik S. 120