Kolumne

Aidas Kolumne: Von der Fler-Collab zum AfD-Feature – was sich CDU von Bullys abguckt

Kanzlerduell, Abstimmung mit der AfD, Massendemos: Es war viel los. Aber immerhin hat Lamar die Halftime Show des Super Bowls abgerissen.


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Leute, ich sag’s euch ganz ehrlich: Ich habe das sogenannte Kanzlerduell am Sonntag, den 9. Februar, zwischen Merz und Scholz nicht geschaut. Natürlich nicht ganz, denn den Liveticker nicht verfolgen, das ging natürlich auch nicht. Aber was ist hier eigentlich schon wieder los? In der letzten Ausgabe habe ich noch über die unheilige Collab zwischen Amthor und Fler geschrieben (wann Feature auf Flers nächstem Album?!), paar Tage später machten Amthor und seine CDU schon Collab mit der AfD im Bundestag bei einem ziemlich bizarren und gefährlichen Wahlkampfstunt der CDU. Und Sonntag dann Rapbattle aus der Hölle zwischen Scholz und Merz und es geht eigentlich nur darum, wer härter bei der Migrationspolitik ist, wer weiter geht beim Ignorieren gesetzlicher Grundrechte, wer schönere Figur als Abschiebeweltmeister macht. Und Probleme wie Pflege, Klima, Miete, wachsende Einkommensungleichheit? Weckt mich auf, wenn das wieder irgendjemanden interessiert.

Die rote Linie

In welcher Upside-Down-World sind wir denn da gelandet, wollte Merz nicht eigentlich die AfD halbieren? Stattdessen übernehmen alle – ja, auch Robert Habeck von den Grünen, weirderweise – ihre Themen und über die wirklich wichtigen und leider auch wirklich komplizierten Sachen wie Schule will wieder niemand reden. Cool, cool, cool, alles so weit normal hier. Dafür gingen in den letzten Wochen deutschlandweit, sogar in bumskonservativen Regionen wie das Münsterland und Bayern (Shoutout an dieser Stelle), Hunderttausende auf die Straße, weil mit der AfD gemeinsame Sachen machen dann doch die eine rote Linie für viele ist, selbst wenn sie der Mär von Migration als dem großen Problem unserer Zeit Glauben schenken. Das ist zwar immerhin ein kleiner Lichtblick, der aber gleich dadurch zunichte gemacht wird, dass CDU/CSU, FDP und diverse Medienhäuser gleich munkeln und raunen, dass da irgendeine böse Macht hinter den Demonstrant:innen stecken muss. Denn wer könnte den bloß wütend sein über dieses Wahlkampftheater? Die Kirchen, die auch zu Protesten aufgerufen haben, hat dann Söder versucht zusammenzufalten, die sollen sich doch bitte aus der Politik raushalten. Den Namen seiner eigenen Partei hat er wohl länger nicht mehr vor sich gehabt.

Keine Warnung, sondern Inspiration?

Ich habe das miese Gefühl, dass sich diverse Teile der Politik in den letzten Monaten zu viel von den USA abgeschaut haben – und dabei keine Warnung gesehen haben, sondern eher Inspiration. Carsten Linnemann von der CDU macht’s vor: Erst letzte Woche sagte er dem Handelsblatt bewundernd, dass Trump handle, während bei uns nur geredet werde. Ah ja, so einen mutmaßlichen Putschversuch wie ihn gerade Elon Musk und seine Minions mit ihrer Übernahme von Ministerien anzustreben scheinen, kann man natürlich auch so umschreiben. Ist dann halt reichlich euphemistisch und brandgefährlich. Aber Linnemann sieht im Bully-Verhalten von Trump das Seelenheil der CDU. Oder zumindest sein eigenes.

Wie geht man in einer Demokratie damit um, das eine Seite jeglichen normalen Umgang längst begraben hat? Das ist die Frage, die ich mir dieser Tage laufend stelle. Die Frage ist: Wie geht man mit Bullys um, wenn sie schon groß geworden sind und man nicht mehr ihre Mütter anrufen kann. Zurückschlagen?

Damit wären wir dann auch beim frühen Highlight der Woche (oder auch späten Highlight des Wochenendes, je nach Zeitzone und Perspektive): Kendrick Lamars Halftime Show beim Super Bowl der US-amerikanischen National Football League. Nachdem er 2022 schon als Gast bei der Performance von Dr. Dre aufgetreten ist, folgte seine eigene Krönungszeremonie. Nach zwei Grammys für „Not Like Us“, diesem Disstrack gegen Drake, der zum Soundtrack für Kamala Harris’ Wahlkampf, Kindergeburtstagen, Blockparties wurde, vielleicht angemessen. Wobei bei der ganzen Sache nicht so richtig klar ist, wer hier wessen Bully ist.

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Nicht nur ließ sich Kendrick nicht von Drakes Drohgebärden und Klagedrohungen abhalten den Song zu performen (auch wenn man sich fragt: Reicht’s nicht mal langsam? Junge, du hast sowas von gewonnen, we all know it), auch war die Show eine zwar reichlich subtile, aber trotzdem subversive Auseinandersetzung damit, was es bedeutet ein Schwarzer Entertainer zu sein, in den USA, in 2025. Samuel L. Jackson gab den „Uncle Sam“, der Kendrick immer wieder scholt, sich doch bitte gut zu benehmen und schön durchkonsumierbare Tracks zu liefern. Die gab es dann auch, zumindest scheinbar, aber auch hunderte Tänzer:innen in blauen, weißen und roten Kostümen, die zu Kendricks Performance von „Humble“ eine tanzende US-Fahne bildeten.

Ob Trump, der sich das Spiel angeschaut hat, den subtilen Hinweis, doch bitte etwas bescheidener aufzutreten – so lesen es jedenfalls Schwarze Kommentator:innen – verstanden hat? Ziemlich sicher nicht. Die Zeit für subtile Messages scheint vorüber. Ich frage mich nur, was als nächstes kommt.