Aidas Popkolumne: Deadmau5 vs. Snoop Dogg vs. Fler


Dass eines Tages Deadmau5 Snoop Dogg in Sachen Sympathie schlägt, überrascht. Aber in einer Welt, in der Fler & Amthor Buddies werden, ist wohl alles möglich.

Willkommen in der seltsamsten Timeline von allen, liebe Leute: Snoop Dogg trat (genauso wie Rick Ross und Soulja Boy) letzte Woche auf einem Ball in Washington, D.C. anlässlich Trumps Amtseinführung auf, organisiert von Milliardär David Sacks für die Gemeinde der Crypto-Bros. Vor einigen Jahren noch beschimpfte Snoop jeden, der sich an die Seite Trumps stellte und nahm an Anti-Trump-Aktionen teil. Tja, so schnell können sich Dinge ändern. Vielleicht hat er sich dafür mit Countrysängerin Carrie Underwood zusammengetan? Auch sie machte sich nämlich 2017 noch über Trump lustig, sang nun aber bei der Amtseinführung für ihn, ebenso wie Billy Rae Cyrus und Nelly. Ob es auf der Party „hot in herre“ war? Wage ich zu bezweifeln.

Neue Lieblingsbeleidigung

Wer sich stattdessen in den letzten Tagen überraschend öffentlich als Trump-Gegner geäußert hat: Deadmau5. Der DJ und Produzent, der eher dafür bekannt ist, jede Verdienstmöglichkeit mitzunehmen und gerne mal verbal danebenzugreifen und sich „versehentlich“ queerfeindlich oder ableistisch auszudrücken, zog öffentlich über den Crypto-Unternehmer und DJ 3LAU her, der als DJ bei der Amtseinführung performte. Und schuf dabei meine neue Lieblingsbeleidigung: „nepo pissbaby“.

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Es sind wirklich wilde Zeiten – wir diskutieren, ob eine von Musk doch sehr nach Hitlergruß aussehende ruppige Handgeste wirklich ein Hitlergruß war, als ob wir alle keine Augen im Kopf hätten. Und während wir noch mit der Debatte um in Deutschland strafbare (!) faschistische Symbole beschäftigt sind, setzt Trump sein Versprechen, am ersten Tag wie ein Diktator zu regieren, mittels Dutzenden präsidialen Erlassen um. In Deutschland findet das CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz richtig super und verspricht es ihm gleichzutun – auch wenn wir in Deutschland gar keine Rechtsgrundlage für derartige Machtfülle haben, glücklicherweise. Zumindest noch nicht.

Billig zu haben

Und unseren eigenen Snoop-Dogg-haften Wendehals haben wir hier auch: Diese Woche wurden wir Zeugen der unheiligen Allianz von Selbstmarketingprofis Philipp Amthor und Fler. Nach einer doch sehr inszeniert wirkenden Kampagne, die mit einem aus dem Zusammenhang gerissenen Clip aus einem Interview von Fler und Hiphop-Journalist Rooz losging – Fler sprach über Energiepegel im Club, Amthor vermemete es für ein Video zu Energiepolitik – lud der Jungpolitiker den Rapsenior in den Bundestag ein, die Sache klären. Na sicher, ist bestimmt eine spontane Aktion gewesen, glauben wir natürlich alle. Ein paar schicke Fotos und einen „Team Merz“-Hoodie später heißt es dann bei Fler auf der Instagramseite, dass „die Energie“ bei Merz und der CDU läge. Dass Fler so billig zu haben ist, hätte ich nicht gedacht – dazu gebiert er sich doch sonst zu sehr wie ein Geschäftsmann. Aber wer weiß, vielleicht ist er ja jetzt wirklich ein Fan von christlich-konservativen Werten.

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Wobei die der CDU aktuell ja wirklich eher egal zu sein scheinen. Liebe deinen Nächsten? Nee, lieber Grenzen schließen. Hier hätten Maria und Joseph auf jeden Fall kein Obdach erhalten, wo kämen wir denn dann hin? Wie das mit dem „Grenzen schließen“ in einem vereinten Europa gehen soll, müssen Merz und die CDU auch nicht genauer erklären. Klingt ja vor allem gut, besonders, wenn man damit eine absolut grauenhafte Tragödie, wie den tödlichen Angriff eines psychisch schon mehrmals auffälligen Täters auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg, politisch instrumentalisieren kann und gleichzeitig damit auch sehr auffällig ein paar Schritte auf die laut vor sich hin radikalisierende AfD machen kann. Dass mehr Ressourcen in psychiatrische Einrichtungen, Sozialarbeit und Co. vielleicht eine produktivere Lösung wären, um mit solchen Gewalttätern umzugehen und derlei Taten in Zukunft wirklich verhindern zu können? Viel zu kompliziert, viel zu teuer. Warum Probleme ernsthaft angehen, wenn ein paar martialische Worte reichen?

Naja, für Femizide gibt’s nicht einmal martialische Worte. Die sind einfach gar kein Thema – oder hattet ihr mitbekommen, dass dieses Jahr schon die dritte Frau von einem Partner oder Ex-Partner ermordet wurde? Die dritte, und der Januar ist noch nicht einmal vorbei. Gab es dazu markige Worte von Merz, oder irgendjemand anderem? Ich habe sie jedenfalls bislang verpasst.

Die beschissenste Timeline von allen

Wir sind wirklich in der beschissensten Timeline von allen – und jetzt kann ich nicht einmal mehr den Soundtrack zu meiner Verzweiflung mit Snoop Dogg unterlegen. Drop it like it’s Fascism.