Zum Comeback von ABBA: Der Feind in meinem Ohr
Zum Comeback von ABBA haben wir unser Archiv gestöbert und sind auf unser ausführliches Feature über die Schweden aus dem Jahr 2012 gestoßen – mit allen Infos zur größten Popband aller Zeiten.
Benny und Björn, die musikalischen Ingenieure von ABBAs Erfolg
Benny und Björn hatten hierfür mit dem mit großen Forscherdrang ausgestatteten Tontechniker Michael B. Tretow, der für den Rest der Abba-Geschichte nicht mehr von ihrer Seite weichen sollte, nach bestem Wissen und Probieren Phil Spectors „Wall Of Sound“ nachgebaut. Sie spielten alle Gitarren-, Klavier- und Basslinien zweifach ein, legten diese Spuren in minimal voneinander abweichender Laufgeschwindigkeit übereinander, Echoeffekte darüber und ließen die Instrumente so gewissermaßen auf Übergröße wachsen.
Auf weiteren Spuren häuften sie das Rasseln von Tambourines, Maracas, Schüttelrohren und Klanghölzern an und polterten vor dem Refrain, den Agnetha und Anni-Frid mit der Energie purer Jugend schmetterten, über die Toms, als wollten sie sich selbst noch anfeuern. So schufen sie einen geradezu dramatischen Sound, der den Stereoraum, den sich der Pop erst ein paar Jahre zuvor wohnlich eingerichtet hatte, auf Kathedralengröße aufriss. Alles war Riff und Klang und diese klaren, glockenhellen Stimmen. „Ring Ring – why don’t you give me a call?“ Hierfür konnte es nur eine Erklärung geben: Der Typ musste taub sein!
Unter Sachkundigen beginnt die Erfolgsgeschichte von ABBA mit diesem „Ring Ring“ – und für den Rest der Welt eben 1974 in Brighton, wo die vier nach der damals geltenden Glamrock-Verkleidungsordnung auf Plateausohlen wankend und eingenäht in Bonbonpapier-Kostümen diese stocksteife Schlagerparade aufmischten, vor den Augen von 500Millionen staunenden Fernsehzuschauern.
Wie aus ABBA ABBA wurde
Um allerdings zu begreifen, wie aus ABBA ABBA werden konnte, müssen wir uns ihre Vorgeschichte ansehen. Agnetha, Anni-Frid, Benny und Björn hatten bis 1972 nämlich bereits äußerst ereignisreiche Leben gelebt: Agnetha Fältskog tritt schon im Teenagealter als Sängerin auf, bei Konzerten und Talentwettbewerben. Und sie schreibt eigene Lieder. Ihr Vorbild: Schmonzetten-Prinzessin Connie Francis. Der glücklichste Moment ihrer Karriere: Als sie mit 17 zu ihren ersten Aufnahmen nach Stockholm reist und schon durch die Studiotür erlauscht, wie ein Streicherensemble ein Arrangement ihres Stücks spielt.
Als sie 1969 auf ihren künftigen Ehemann Björn Ulvaeus trifft, hat sie bereits eine aufgelöste Verlobung hinter sich und ist in Deutschland als Solostar gescheitert, wird in Schweden jedoch vom Publikum umso mehr geliebt. Björn Ulvaeus wird mit 18 der Kopf einer braven, erfolgreichen Folkband, die von ihrem Manager und Labelchef Stig Anderson nicht nur den Namen (The Hootenanny Singers), sondern auch den musikalischen Weg vorgegeben bekommt.
https://www.youtube.com/watch?v=vzmR52yPAV4
1966 lernt der versierte, zielstrebige Mütter Glücklichmacher den leidenschaftlichen Organisten der Hep Stars, einer Horde amtlicher Töchter-Verrücktmacher, kennen: Benny Andersson. Die Hep Stars gelten in ihrer Heimat als wilde Rockband, sind aber wie die Hootenanny Singers vor allem Interpreten und Übersetzer internationaler Standards und Hits.
https://www.youtube.com/watch?v=NVJlcYJRBNw
Benny Anderssons Elternhaus ist ein Heim für die Volksmusik. Vater und Großvater spielen Akkordeon. Der Junge bringt sich das Tastenspielen selbst bei, bald auch am Klavier. Bei den Hep Stars orgelt er von 1964 bis 1969 – unter anderem auf 20 Top-Ten-Hits. Er ist nicht nur ein nationaler Star, er ist auch schon zweifacher Vater. Benny beginnt mit Björn Songs zu schreiben. Sie ergänzen sich vom ersten Moment an perfekt. Als Stig Anderson Björn fragt, ob er nicht als Hausproduzent bei seinem Label Polar Music einsteigen möchte, macht der zur Bedingung, dass Benny sein Partner wird.