Downtown in der Phantasie


In die kleine Hamburger Kneipe „King Kameha“ geht man sonst nie hinein. Man geht immer nur dran vorbei und fragt sich, ob hier wohl Werber, Hiphopper oder eher Indie-Typen ihren Milchkaffee nehmen. Heute sitzt Julia Hummer an einem Ecktisch und trinkt den fünften großen Tee. Ab dem sechsten sei mit Bauchschmerzen zu rechnen, warnt die Wirtin. Hummer, wie alle Filmschauspielerinnen in Wirklichkeit viel kleiner als im Kino, sagt: „Ich schätze mal, wenn die Leute hierher kommen, um mit mir zu reden, dann werden sie die Platte schon nicht scheiße finden, oder?“ Sie meint ihr erstes Album downtowncocoluccia, eingespielt mit den Too Many Boys, zu denen u. a. auch Christopher „Krite“ Uhe gehört, der einst mit der Band Sharon Stoned feinen Noise-Pop machte. „Downtown Cocoluccia“ ist ein fiktiver Ort: Als Hummer einmal mit der Gitarre dasaß und ihr die richtigen Worte nicht einfielen, sang sie einfach „Cocoluccia“, und gut war’s. Wenn man die 14 Stücke hört, denkt man zwischendurch immer wieder an verschiedene Schrammelbands, an Kristin Hersh, Juliana Hatfield und natürlich auch an Joni Mitchell. Ob man es sich so einfach machen kann? „Also, Joni Mitchellfinde ich gut. Die anderen kenne ich jetzt nicht, aber die sind bestimmt auch gut. Doch bei mir fing das eher anders an: Irgendwer hat mir mal blonde on blonde von Bob Dylan geschenkt. Die habe ich viel gehört, und auch Hank Williams. Dann habe ich in der Richtung weiter geforscht und bin auf Robert Johnson und auf Harry Smiths Anthology Of American Folk Music’gestoßen. Da war ich sozi. Vorher hatte ich mich eigentlich kaum für Musik interessiert.“

blondeon blonde? Aufden Schreck bestellen wir gleich noch einen großen Tee, denn erste Platten sind doch in Wirklichkeit immer von Manowar oder Living In A Box. Dann fällt uns „Northern Star“ ein, einer der schönsten Filme mit Julia Hummer: Da singt sie und spielt dazu auf der Akustischen, allerdings nur eine Strophe – dann bricht sie unvermittelt ab. „Der Regisseur Felix Randau hat gewußt, daß ich Songs schreibe. Zum einen war diese Szene also so ein Anködern, zum anderen kannte Felix mich gut und wollte vielleicht die Rolle, die ich da spiele, näher mit der Privatperson zusammenbringen.“ Geil finde sie sich jetzt nicht gerade, sagt Hummer noch auf die Frage, wie es ihr dabei gehe, wenn sie ihre eigenen Filme anschaut. „Erst mal guck‘ ich mir das gar nicht an. Und warum nicht? Weil ich keinen Fernseher hab.“ Es ist alles so einfach.