Bright Eyes & Rilo Kiley


Die schönste Form von Traurigkeit: Conor Oberst leidet am Leben und der Liebe. Und mag ein Pils dazu.

Wenn doch nur ein Herd in der Nähe wäre. Ein kleines Dossier mit Tips gegen zwischenmenschliche Vergletscherungen käme auch nicht schlecht. Wie vorzüglich würde das denn, bitteschön, zur Musik auf der Bühne passen? Da stehen Rilo Kiley, sie sind die Konsensband für Brigitte-Leserinnen und waren einst Labelkollegen von Bright Eyes, und das ist wohl im wesentlichen der Grund für ihre Anwesenheit in der ausverkauften Live Music Hall; ihre Songs jedenfalls können es nicht sein. Vieles wollen die Kalifornier, ein bißchen Country und Folkund janz jrooße lefühle herstellen -abernichts will ihnen so recht gelingen, Melancholie wirkt in den Liedern wie aufgepfropfter Selbstzweck und versuppt in Mainstreamsoundsoße. Endgültig aus ist der Ofen, wenn Jenny Lewis in einem Anfall nicht unerheblicher Heulsusigkeit „I Never“ vom aktuellen Album MORE ADVENTUROUS anstimmt: „I’m only a woman of flesh and bone“, singt sie: 30 Jahre Emanzipation mit einer Texrzeile weggewischt. Man ist versucht, bei Alice Schwarzer durchzulaufen – aber dann ist es erfreulicherweise auch überstanden.

Das Saallicht wird noch einmal gedimmt, es geht auf: die Winterhimmelsonne. Conor Oberst, Bright Eyes. Der Wahl-New-Yorker aus Omaha ist schon einigermaßen derangiert, als er die Bühne entert, und gibt auch im weiteren Verlauf des Abends alles: sich selbst Beck’s in großzügigen Mengen, uns seinen Welt- und Herzschmerz – und seine kathartische Suche nach dem Wie und Warum des Lebens, verpackt in kundig arrangiertem Country. Folk und von uns aus auch Anti-Folk, in der immer eins drinsteckt: viel Hoffnung. Wenn Conor Oberst seine Lieder anstimmt, sind Melancholie und Melodramatik stets integTaler Bestandteil des großen Ganzen und Ergebnis dessen, was der schmächtige Twentysomething ist: nachdenkender und nachdenklicher Mensch. „At The Bottom Of Everything“ ist voller Wärme und Leidenschaft, die beherzt-krude Story von „Bowl Of Oranges“ immer noch mitreißend, und „Lua“ geht in seiner Kargheit ganz schön an die Nierchen: „When everything is lonely I can be my own best friend“. So kann das gehen im Leben, und es ist wohltuend, daß Oberst uns davon singt.

„Sorry for the dead phases between the songs“, sagt er später mit schwerer Zunge, „normally we have commercials.“ Noch später kniet er in einem Anflug physischer Selbstüberschätzung auf der Bassdrum und herzt den Schlagzeuger. Keine Angst: Oberst Beck’s hat das Konzert unversehrt überstanden und sich nicht einmal versungen. Und wir haben uns danach voller Gefühle auf den Weg zur nächsten Theke gemacht und tranken, wo wir schon mal dabei waren, noch einen mehr: auf alles Mögliche und erst recht auf alles Unmögliche. Fabulös-intensive Bright Eyes. Und nach Diktat Jenny Lewis ein Brigitte-Abo bestellt.

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