Botschaften vom Rand der Welt


Seit gut zehn Jahren versucht sich Sophie Zelmani an der Quadratur des Kreises-. Im Popgeschäft zu überleben, ohne die eigene Person zu vermarkten.

Die Szenerie an diesem dunklen Winternachmittag ist für ein Interview reichlich ungewöhnlich: Sophie Zelmani hat die Deckenbeleuchtung im Münchner Büro ihrer Plattenfirma ausgeknipst und dafür eine Batterie Teelichter auf dem kreisrunden Konferenztisch entzündet. Das seltsame Arrangement ist eine Selbstschutzmaßnahme: Die Sängerin hasst Interviews, „weil es mir grundsätzlich schwerfällt, mit fremden Menschen zu sprechen, und ich gegenüber Journalisten oft das Gefühl habe, mich verteidigen zu müssen.“ Sie spricht leise, stockend, lässt Sätze unvollendet abklingen .Das passt dazu, wie ihre Stimme sich in manchen Songs ihres neuen Albums love affair in ein sanftes Flüstern verflüchtigt. „Deswegen mache ich ja Musik. Weil ich da viele Dinge ausdrücken kann, die ich mit Worten niemals würdesagen können.“

Nein, coole Selbstdarstellung ist Sophie Zelmanis Sache nicht- kein geringes Problem in Zeiten, wo gerade von weiblichen Popacts erwartet wird, durchaus im Wortsinne ihre Haut für den Erfolg zu Markte zu tragen. Immerhin – die Leute bei Sophies Label wissen inzwischen mit ihr umzugehen und haben auch akzeptiert, dass sie vor einiger Zeit von Stockholm weggezogen ist – in ein Dorf auf dem Land. Geographisch gesehen gibt es weitaus abgelegenere Orte, aber für die zierliche Musikerin und ihre kleine Tochter ist es doch ein Weg, Abstand zu halten von der in ihren Augen „beschissenen heutigen Welt. In Schweden geht so ziemlich alles vor die Hunde – Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser- nichts ist mehr richtig in Ordnung.“ In der dörflichen Idylle freut sie sich nicht nur am nächtlichen Sternenhimmel („In Stockholm hat man keine Möglichkeit mehr, ihn zu sehen.“), hier spielt auch ihre „psychische Unmöglichkeit“, sich Menschen aufzudrängen, kaum eine Rolle. Hier nahm sie zusammen mit ihrem Stammproduzenten Lars Halapi auch weite Teile von love affair auf, dessen Songs mit verblüffend vollendeten Melodien an US-Singer/ Songwriter-Traditionen von Leonard Cohen bis Calexico erinnern und sich ausnahmslos um Zelmanis Lieblingsthema, die Beziehungen zwischen Mensehen, drehen. „Das war immer das, was mich am meisten interessierthat, und das ist auch heute noch so. Da gehen mir auch nie die Geschichten aus – schließlich gibt es unendlich viele verschiedene Formen von menschlichen Beziehungen.“ Zum Beispiel die zwischen Sophie und einem 75-jährigen Fan, dessen Briefe sie faszinierten. „Wenn er 50 jähre jünger gewesen wäre -wer weiß … „lässt sie wieder einen Satz verebben, diesmal mit einem Lächeln.

Zu den interessanten Beziehungen im Leben der Sophie Zelmani gehört auch die zu Anton Corbjin. Der niederländische Starfotograf fotografierte schon das Cover für Sophies zweites Album PRECIOUS bürden und lichtete die fotoscheue End-20-gerin nun auch für love affair ab – beide Male war es nicht die Künstlerin oderihre Firma, die den Kamerapromi für die Sessions anheuerte. Corbjin selbst bot sichan. „Sie ist ja viel zu schüchtern, um von sich aus auf einen zuzugehen“, sagt Corbjin. „Ihre Zurückhaltung hat aber nichts mit Arroganz zu tun, eher mit Reinheit. Wenn man Einlass hinter diesen Schutzwall aus Schüchternheit gefunden hat, erwartet einen eine schöne Seele voller Wärme. Mit ihrer Musik verhält es sich ganz ähnlich.