Das wäre aber nicht nötig gewesen…
Der Musikexpress zieht die Ausrutscher der Großen und Guten unter dem Teppich der Geschichte hervor.
The Clash, Cut The Crap (1985)
Dabei sah alles so gut aus: Nach drei Jahren Wirrnis kehrt die größte Band aller Zeiten unerwartet doch noch einmal zurück – heißa, haben wir uns gefreut! Die erste Single war die beste seit „London Calling“: „This Is England“, eine Fanfare mit röhrenden Gitarren, schwefelsauer ätzendem Social-Realism-Lamento über den amoklaufenden Thatcher-Brutal-Kapitalismus, einem Joe Strummer in Höchstform und elektrischem Schlagzeug, ähem.
Dann kam die LP-Wirklichkeit ans Licht: Strummer war verrückt geworden, irrte mit Mohawk-Bürste durch ein armseliges Set von Brachial-Riffs und hatte für die gefeuerten Clash-Stützpfeiler Topper Headon (wg. dekadenter Drogen) und Mick Jones (wg. allgemeiner Dekadenz) drei Holzköpfe aus der Regionalliga der zweiten Punk-Generation rekrutiert, die er als „Deppen von der Straße“ feierte und mit denen er eine Art Dalton-Outlawerei simulierte, die weniger mit OK Corral als mit Lucky Luke zu tun hatte. Der pflichtbewusste Paul Simonon machte den Zirkus mit, vielleicht aus berechtigter Sorge um Blutsbruder Joe. Den brachte der Tod seiner Eltern so aus der Fassung, dass er letztlich Manager Bernie Rhodes das Kommando überließ. Nur Die-hard-Fans trugen „Cut The Crap“ nach Hause (diskret verpackt wg. des unzumutbaren Covers), das Hohngelächter übertönte sogar die blökenden Choräle der in einem Oberföhringer Schlagerstudio aufgenommenen Lumpensongs, die bestenfalls Sham-69-Parodien waren und schlimmstenfalls in ungewollte Primitiv-Promotion für die verhasste neoliberale Jeder-kann-es-schaffen-Religion ausarteten mit „Space Invader“-Gepiepse als Playback. „A fucking joke, really!“, sagte Gitarrist Nick Sheppard über die Platte. Kurz vor ihrem Erscheinen hatte Strummer die Nase endgültig voll und flüchtete nach Spanien, wo er „unter einer Palme saß und heulte“.