Tad: Fett schwimmt oben
Ihre erste Promotion-Tour für ein Major Label führte die Postpunk-Berserker von Tad in eine für sie völlig fremde Welt – zum alljährlichen Metal-Treff der ondolierten Poser-Gesellen im Foundations Forum von Los Angeles. Für Ted Doyle, zentnerschweren Sänger, Gitarrist und Namensgeber des vierköpfigen Hart-Liners aus Seattle war das eine mords Gaudi:
„Wo du hingesehen hast – blondgelockte, braungebrannte Typen in knallengen Latexhosen. Wir sind uns vorgekommen, wie bei einem Model-Casting.“ Doyle und Mannen – Bassist Kurt Danielson, Drummer Josh Sinder und Gitarrist Gary Thorstensen – machen aus Prinzip einen weiten Bogen um jedes Haarverlängerungs-Studio. Stattdessen holen sie ihre Schlabber-T-Shirts aus dem Wühlkasten von Woolworth – und trotzdem waren sie die absoluten Abräumer des Festivals. Das mochte manche überraschen, nicht aber Ted Doyle: „Bei uns geht einfach volle Pulle die Post ab, da ist es auch egal, was du anhast.“ Andererseits gibt er unumwunden zu, daß ihn der plötzliche Karriere-Knick nach oben doch ziemlich überrascht: „Wir waren ursprünglich ziemlich widerwärtig und wollten eigentlich nie etwas anderes, als unseren Spaß haben“.
Aus Spaß wurde zwar immer noch nicht der ganz blutige Kommerz-Ernst, aber nach zwei Alben und zwei EPs heim Indie-Label Sub Pop folgte im letzten Jahr der Deal mit dem Platten-Riesen Warner Bros. Dennoch weist die Band alle Vergleiche mit Nirvana weit von sich: „Seh‘ ich etwa so gut aus wie Kurt? Kein Teenie würde sich ein Poster von mir ins Zimmer hängen“, orakelt Doyle augenzwinkernd. Mal abwarten, denn das aktuelle Album „Inhaler“ (RCA), produziert von J Mascis (Dinosaur Jr.), riecht mit grandiosen Hooklines, tonnenschweren Gitarren-Riffs, einem staubtrockenen Rhythmus-Fundament und nicht zuletzt wegen der lyrisch-zynischen Texte mehr nach „Teen Spirit“, als sich der Fleischklops aus dem amerikanischen Nordwesten vielleicht ausmalt.