Led-Zeppelin


Auch 25 Jahre nach dem Zeppelin-Erstflug machen Jimmy Page und Robert Plant von sich reden. Geschichte ha- ben sie ohnehin längst geschrieben — sei es mit Monster-Songs wie „Whole Lotta Love" oder exaltierten Bühnenge- baren: Der Heavy-Nach- wuchs steht Spalier.

Legende ohne Ende. Weil über ein Jahrzehnt nach Auflösung Led Zeppelins ist das Interesse an der Band, die schon zu Lebzeiten ein Mythos war. ungebrochen. Daran sind zu einem guten Teil die ehemaligen Mitglieder selber schuld — alle paar Jahre verfallen sie in hektische Aktivitäten. So produzierte Zep-Gitarrist Jimmy Page jetzt ein vielbeachtetes Album mit ex-Whitesnake-Sänger David Coverdale. Eine Promo-Single dieser Platte, vorab veröffentlicht, wurde von amerikanischen Rundfunkstationen allein in der ersten Woche 1.800 mal gespielt — Weltrekord. Gleichzeitig veröffentlicht Zeppelin-Sänger Robert Plant, von den Medien umschwärmt wie eh und je. sein siebtes Solo-Album. Kurz zuvor hatte Bassmann John Paul Jones die Produktion der US-Anti-Rock ’n‘ Roller Butthole Surfers beendet und damit seinen Ruf als Exzentriker unter den Top-Producern gefestigt.

Außerdem erscheint dieser Tage eine CD mit den 22 originellsten Cover-Versionen des Zep-Klassikers“.Stairway To Heaven“, darunter ein besonders kurioses Remake des Komikers Rolf Harris. Ein sicheres Zeichen für die Popularität einer Gruppe ist auch die Zahl ihrer Bootlegs. Nur die Aufzählung der Led Zeppelin-Raubkopien füllt knapp 300 Seiten des von einem kanadischen Kenner erstellten „Collectors Guide To Led Zeppelin“. Die Nachfrage nach dem Luftschiff ist ungebrochen -— „Boxed Sef“ eine offizielle 4-CD-Kompilation mit überarbeitetem Material verkaufte sich seit 1990 allein in den USA über eine Million Mal. Im Herbst 1993 folgt eine zweite Box mit den restlichen Altbeständen.

Der erneute Zeppelin-Boom begann Ende der 80er Jahre: Damals starteten US-Rocksender spezielle Led-Zeppelin-Sendungen. die auf große Hörer-Resonanz stießen. Gleichzeitig erschienen immer mehr Led-Clones auf der Bildfläche, die den Stil der englischen Luftschiffer optisch wie klanglich kopierten: Kingdom Come, Whitesnake, Cinderella oder Dread Zeppelin, wobei letztere die Klassiker des legendären Quartetts im Reggae-Gewand intonierten. 1991 scheiterten Jimmy Pages Bemühungen, die alten Mitstreiter Robert Plant und John Paul Jones für ein gemeinsames LP-Projekt zu begeistern, bereits im Vorstadium. Frustriert wandte er sich an David Coverdale. Mit beträchtlichem Erfolg, über den Absatz des neuen Coverdale/Page-Werks schwärmt die Sprecherin der Plattenfirma: „Es verkauft sich wie warme Semmeln. „

Viermal hatte sich das Trio nach dem Tod ihres Drummers John Bonham 1980 zu kurzen, öffentlichen Sessions reformiert. Vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern spielten sie 1985 während des Live Aid-Konzertes (mit Phil Collins an den Drams). Zur 40jährigen Jubiläumsfeier ihrer langjährigen Plattenfirma Atlantic traten die Drei 1988, mit Johns Sohn Jason Bonham an der Schießbude, im New Yorker Madison Square Garden auf. Außerdem machten sie anläßlich Jasons Hochzeit und einer Geburtstagsparty von Robert Plants Tochter Carmen gemeinsame Sache.

Der Zeppelin startet

Die Wiege des Quartetts stand in London und Birmingham zur Zeit der Swinging Sixties. Damals war Jimmy Page (geb. 9. 1. 1944) als Sessiongitarrist in der britischen Hauptstadt die erste Adresse. Einige Quellen behaupten, daß Page auf 50-90 Prozent aller Plattenveröffentlichungen zwischen 1963 und 1965 mitgewirkt hat. Er selbst kann sich an viele Sessions nicht mehr erinnern, fest steht jedoch, daß er auf Klassikern wie „You Really Got Me“ von den Kinks, „I Can’t Explain“ von The Who, sowie „Gloria“ und „Baby Please Don’t Go“ von Them zu hören ist.

Ferner arbeitete er mit den Rolling Stones. Pretty Things, Joe Cocker, Jeff Beck. Donovan, Burt Bacharach und Tom Jones, um nur einige bekannte Namen herauszugreifen. .Schon als Kind interessierte ich ¿

mich für Rock ’n Roll“, erinnert sich Page, „denn ich wußte, daß er von den Medien unterdrückt wird. Du mußtest immer am Radio bleiben und Übersee-Stationen hören, um mal eine Little Richard- oder Jerry Lee Lewis-Nummer zu erwischen. Die Platte, die mich zur Gitarre brachte, war .Baby, Lei’s Play Hause‘ von Elvis. Ich hörte nur zwei Gitarren und einen Boss und dachte: Ja. ich will ein Teil davon sein.'“ Mit vierzehn bekam er seine erste Klampfe und eiferte Helden wie Scotty Moore (Presleys Gitarrist), James Burton (Ricky Nelson) und Cliff Gallup (Gene Vincent) nach.

Schließlich begeisterte er sich für den Blues und orientierte sich an Größen wie B. B. King und Elmore James: „Das war der Anfang — eine Mischung aus Rock und Blues. Als ich mit der Studioarbeit begann, erweiterte sich mein Stil zwangsläufig, ich mußte alles mögliche spielen. Manchmal machte ich drei Sessio/is am Tag: morgens Filmmusik, mittags eine Rockband und abends vielleicht eine Folk-Aufnahme. Das gab mir die Chance, mich nach allen Seiten hin zu entwickeln. “ Bei seinen Sessions, zu denen auch Jingles und Werbespots zählten, arbeitete er gelegentlich mit einem gefragten Baßmann zusammen: John Paul Jones.

1966 unterbreitete Jeff Beck, Lead-Gitarrist der Yardbirds, Page den Vorschlag, den abgewanderten Bassisten Paul Samwell-Smith zu ersetzen. Kaum war Jimmy eingestiegen, gingen die Stars mit einer eigens angemieteten DC 3 auf US-Tour. Page sattelte auf die Gitarre um, Rhythmusgitarrist Chris Dreja zupfte fortan den Baß. „El Becko“ erwies sich jedoch als launischer Egomane. der, falls ihm etwas nicht paßte, während einer Show auch mal die Bühne verließ. Wie es aussah, wenn Beck und Page zusammen auf der Bühne standen, zeigt der Film „Blow Up“ von Micheangelo Antonioni aus dem Jahr 1967: Ursprünglich sollten The Who vor die Kamera treten, doch statt dessen spielten die Yardbirds ihr „Stroll On“, dessen Finale Jeff Beck mit dem Zertrümmern einer Billig-Gitarre krönte. Das Ende nahte: Die Yardbirds tourten noch mit den Rolling Stones und Ike & Tina Turner, bevor sie 1968 nach internen Querelen auseinanderfielen. Jimmy Page hatte jedoch Blut geleckt und beschloß, die New Yardbirds zu formieren. Als Mitglieder hatte er die Crew im Auge, mit der er Jeff Becks Solo-Single „Hi Ho Silver Lining/Becks Bolero“ eingespielt hatte: Beck und Page an den Saiten. Nicky Hopkins (Piano), John Paul Jones (Baß) und Drummer Keith Moon, der The Who damals verlassen wollte. Als Sänger waren Steve Winwood (Traffic), Steve Mariott (Small Faces) und Terry Reid im Gespräch. Am Ende blieb von all den illusteren Namen nur John Paul Jones übrig. Jimmy Page: „Jonesy rief mich an und sagte: , Ich hörte, du stellst eine Band zusammen, kann ich mitmachen?‘ Ich erwiderte: .Okay, wir treffen uns im Proberaum und sehen wie es läuft.'“ Auch John Paul Jones (geb. 3.6.1946) galt als erfahrener Session-Haudegen, der schon für die Rolling Stones, Yardbirds, Donovan und Dutzende mehr im Studio war. Und das nicht nur am Baß, sondern auch als versierter Arrangeur und Keyboarder.

Terry Reid empfahl einen Sänger aus Birmingham namens Robert Plant (geb. 20. 8. 1948), den Jimmy zusammen mit Yardbirds-Manager Peter Gram begutachtete: „Ich war ziemlich beeindruckt“, gesteht Jimmy Page, „und lud ihn ein, mich zu besuchen, um meinen Plan zu diskutieren und zu sehen, ob er einigermaßen anpassungsßhig war. „Die beiden kamen zusammen und lauschten Platten, wie Robert sich erinnert: „Wir wählten Scheiben aus, die mehr oder weniger die Basis des ersten Led Zeppelin-Albums bilden sollten. Viel Howim Wolf, Muddy Waters, Joan Baez, ¿

viel RockabiUy, Gene Vincent, Zeug links und rechts vom Mainstream. Ich brachte die ersten beiden Moby Grape-Alben, Love und viel amerikanischen West-Coast-Rock mit. Stoff, der mich davor bewahrte, zum typisch britischen Pub-Sänger zu mutieren. Die kalifornische Szene damals zeigte, daß Musik Bedeutung haben, und das soziale Verhalten ändern kann. Ich brachte also diese Sachen mit und Pagey spielte Blues und Rock V Roll. Selbst wenn das Zeppelin-Projekt nicht geklappt hätte, allein dieses Treffen war schon großartig.“

Damals hatte Plant eine Gruppe namens Band Of Joy. für die John Bonham (geb. 31. 5. 1948) am Schlagzeug saß. Jimmy Page gerät heute noch ins Staunen, wenn er sich an das erste Mal erinnert, als er Bonzo spielen hörte: „Obwohl ich einen kraftvollen Drummer im Sinn hatte, war ich auf John Bonham nicht vorbereitet. Bonzo war ein Phänomen und trommelte weit jenseits meines Vorstellungsvermögens. „

Schließlich stand das Line-Up von Jimmys Band und es wurde Zeit für die erste Probe, die John Paul Jones folgendermaßen beschreibt: „Wir trafen uns in einem Keller in Chinatown. Der ganze Raum war vollgerammelt mit Verstärkern, nur eine Öffnung fiir die Tür war freigelassen worden. Wir wußten nicht, was wir spielen sollten und so schlug Jimmy die alte Yardbirds-Nummer .Train Kept A-RolUn“ vor. Wir spielten das Teil und der Raum explodierte förmlich. Danach grinsten wir uns an und wußten: Das ist es! Es war so verdammt offensichtlich, daß es funktionieren würde. „

Der Zeppelin fliegt

Als New Yardbirds tourt der Vierer durch Skandinavien, die neuen Songs werden gleich live ausprobiert. Mit dem Band-Namen sind die Mitglieder jedoch unzufrieden, und so erinnert man sich daran, was Who-Drummer Keith Moon ihnen prophezeit hatte:

„Ihr werdet runlerfatlen wie ein Blei-Zeppelin.“ Die Schreibweise wird von Lead zu Led verändert, Led Zeppelin ist geboren und getauft: Am 15. Oktober 1968 gibt die Gruppe ihr Live-Debüt in der Universität von Surrev.

In der Folgezeit entsteht in 36 Stunden, über zwei Wochen verteilt, das erste Album. Die Schlagersängerin Dusty Springfield gibt der Plattenfirma Atlantic einen Tip, die Company nimmt Led Zep daraufhin für 200.000 Dollar unter Vertrag: der höchste Vorschuß, der einer Rockband bis dato gezahlt wurde. Im Dezember 1968 gehen die Zeps auf ihre erste US-Tour, im Vorprogramm von Vanilla Fudge und MC 5. Eine Besonderheit ist die Performance des Songs „Dazed And Confused“. bei der Jimmy Page seine Gitarre mit einem Geigenbogen traktiert.

Von Beginn an ist klar, Amerika liebt Led Zeppelin. Auf Tournee profitierten sie von der Erfahrung ihres Managers Peter Grant, eines riesigen Fettwanstes und ehemaligen Catchers. Als Zep-Kapitän besteht er im

Namen der Gruppe darauf, daß in Europa keinerlei Singles veröffentlicht werden. Im Radio sind seine Schützlinge deshalb selten zugegen, doch avancieren sie zu Helden des Undergrounds.

In Hotel>

‚-nd Tcurbu^cn er isiehi das Material für I ED ZEPPELIN [f. das unterwegs in verschiedenen Sru dtos Nutd.mk’tikas aulgenommen wird- Jimmy Page zwingt Robert Plant zum U’u it. denn der Vokalist, der ¿

sich später zu einer der eloquentesten Figuren des Rock entwickeln sollte, hatte zum ersten Album kaum etwas beigetragen. LP Nummer II enthält mit „Whole Lotla Love“ die erste Rock-Hymne Led Zeppelins, obwohl sie. abgesehen von einer Coverversion Alexis Korners, in Europa nicht als Single erscheint. Nach Angaben der Financial Times erzielt das Quartett 1%9 einen Umsatz von fünf Millionen Dollar. Ein Jahr später verklagt

Eva von Zeppelin, eine Erbin des Luftschiffkonstrukteurs, die Band wegen Mißbrauchs des Familiennamenens — ohne Erfolg.

Wieder geht die Gruppe auf ausgedehnte Konzertreisen durch Europa und die USA. „Das Risiko war das Großartigean unseren Gigs“, empfindet Robert Plant rückblickend. „Während bestimmter Teile des Sets improvisierten wir drauflos, ohne zu wissen, wohin uns das fähren würde — das brachte diesen Spannungsfaktor hinein.“ Eine Spannung, die zum großen Teil auf das Konto des löwenmähnigen, vor Sex-Appeal fast platzenden Shouters geht. Neben ihm Jimmy Page, ein Gitarren-Genie, das an guten Tagen Musik von einem anderen Stern spielt, dem jedoch an schlechten Tagen alles unter den Händen zerfließt, wie er sogar selbst einräumt: „Das ist immer noch besser, als jeden Abend das Gleiche zu spielen, da würde ich vor Langeweile sterben. “ Auf dem Schlagzeugpodest thront John Bonham, dessen gewaltige Rhythmen durch Mark und Bein fahren. In bis zu 30 Minuten langen Solis bearbeitet er seine Trommeln und Becken mit bloßen Händen. Etwas unauffälliger agiert Baßmann John Paul Jones, der im Laufe der Jahre immer öfter auf die Keyboards drückt und damit wesentlich die Stimmung der Songs beeinflußt.

Ende 1970 erscheint LED ZEPPE-LIN IJJ, ein folk-orientiertes Album, das in England und den USA die ersten Chartplätze besetzt. Im Folgejahr veröffentlichen Led Zeppelin ein Album ohne Titel, das von den Fans „Four Symbols“, „Zoso“, das „Runen-Album“ oder „Led Zeppelin IV“ getauft wird. Mit „Stairway To Heaven“ enthält es einen der größten Songs der Rock-Geschichte. Robert Plant entkräftet den weitverbreiteten Irrglauben, es sei ein Liebeslied: „.Stairway‘ handelt davon, wie man inmitten all dieser Scheiße Optimismus und Hoffnung entwickelt, ehrlich bleibt und sich die Reinheit des Geistes erhält. „

Der Zeppelin im Höhenrausch

1973 protzt Manager Peter Grant, seine Band werde in diesem Jahr ¿

M) Millionen Dollar einnehmen. Der bullige Grant ist ein Impresario neuen Typs. Er sorgt dafür, daß die eingenommenen Gelder aus den Taschen der Plattenfirmen und Tourveranstalter in die der Musiker (und des Managers) fließen. Auf einer der endlosen Tourneen — die Band fliegt inzwischen mit dem „Starship“ von Stadt zu Stadt, einem Jet. der größer ist als der des US-Präsidenten — kommt es zum Treffen mit Elvis Presley, ihrem gemeinsamen Idol: „Wir sahen Elvis in Las Vegas“, berichtet Jimmy Page ehrturchtsvoll, „einige Zeil nach seinem Comeback. Nach der Show gingen wir in seine Suite und standen ’nun, weil wir zu nen’ö’s waren, um uns zu setzen. Plötzlich kam er herein und war offensichtlich genauso nervös wie wir. Wir lauschten Höflichkeiten aus und plötzlich fragte Honzo: ,Was war das eigentlich für’n heißer Schlitten, den du im Film >Lovtng Yow gefahren hast?‘ Das war’s, das Eis war gehrochen. Er war ein wundervoller Typ, sehr scheu, sehr warm und halle sehr viel Humor. „

Im gleichen Jahr werden Live-Aufnahmen für den Film „The Song Remains The Same“ gedreht. Die Band gastiert drei Tage im New Yorker Madison Square Garden, das fünfte Album HOUSES OF THE HOLY wird von der Kritik als ziemliche Enttäuschung gewertet. Dennoch erreicht es diesseits und jenseits des Atlantik die Pole-Position der Hitparaden. In Tampa, Florida spielen Zep vor 56.800 Zuschauern und brechen damit den früheren Publikumsrekord der Beatles. Led Zeppelin sind bei den Tourveranstaltern gefragter als die Rolling Stones — und damit die erfolgreichste Rockband der Welt. Jimmy Page schreibt die Musik zum Film „Lucifer’s Rising“ von Kcnneth Anger, Schüler des berüchtigten Hexenmeisters Aleister Crowley. Eine Zusammenarbeit, die den Gerüchten, Page sei Satanist, neue Nahrung gibt, zumal er später noch (‚rowleys Villa kaufen sollte.

l’J7> erscheint die Doppel-LP PHYSICAL GRAFFITY mit dem Song-Klassiker „Kashmir“ — laut Page auf einem „majestätischen Rijf’gebaui. Über die Entstehung des Evergrecns berichtet Robert Plant: „Die 75er Tour beendeten wir mit sieben Konzerten im Earl’s Court in London, was auch nicht jeder Rand gelingt. Danach brauchten wir Lirlaub und so flogen wir nach Marokko, das ich bereits ganz gut kannte. Jimmy war noch nie dagewesen und ich zeigte ihm Plätze wie Marrakesch und Spanisch-Sahara. Irgendwo auf den Wüstenstraßen entstanden die Zeilen von .Kashmir‘.“

Das Album ist ein Paradebeispiel für die Vielseitigkeit Led Zeppelins. Es präsentiert neben Rock, Blues und Klassik auch indische, arabische und keltische Einflüsse, „Wir waren keine Heavy Metal Band“, bilanziert Maestro Page, .von Anfang an war es die Mischung aus elektrischer und akustischer Musik, die uns zu etwas Besonderem machte. Wir haben nie Angst davor gehabt, in jede denkbare Richtung zu gehen. Das hielt uns als Musiker lebendig“.

Im selben Jahr wird Plant durch einen Autounfall auf Kreta schwer verletzt, seine Frau Maureen kommt beinahe ums Leben. Während der Aufnahmen für PRESENCE im Münchner Musicland Studio sitzt der stimmgewaltige Blondschopf im Rollstuhl. Das Album und der Film THE SONG REMAINS THE SAME, inzwischen um fragwürdige Fantasy-Spielszenen angereichert, erscheinen 1976.

Der Zeppelin im Sinkflug

Immer wieder wird die Gruppe in Skandale verwickelt, die von der Presse genüßlich ausgeschlachtet werden. Gefragt nach seinem Sexualleben antwortet Robert: „Es ist freie Liebe, einfach wundervoll, zum Beispiel gibt es die GTO’s (Anm: Girls Together Oulragously — singende Groupies unter den Fittichen von Frank Zappa). Es hat ziemlich Spaß gemacht, einem ¿

r dieser Mädchen in irgendeinem Hotel in Delroil einen Gipsabdruck vom Jimi Hendrix‘ Schwanz in den Hiniern zu schieben. Ich weiß nicht mehr genau, wer es getan hat. Nur soviel. Ich war im gleichen Hotel zu der Zeit. “ Berüchtigt waren auch die Meeresfrüchte-Orgien der Band, in der Fische, Austern etc. in diverse Korperöffnungen der Groupies eingeführt wurden.

Auch US-Promotor Bill Graham ist ein einfallsreicher Organisator gepflegter Orgien. Bei einer seiner Parties werden zwei Servicewagen in den Raum gerollt. Zwei nackte Mädchen liegen darauf, sie sind mit allerlei Lekkereien „garniert“. Jeder Teilnahmer bekommt von Graham Schlagsahne überreicht, mit der sie die Mädchen einschmieren, mehrere Partygäste treiben es mit den Groupies im Badezimmer, was Graham jeweils auf Polaroids festhält.

Allerdings haben die Zep-Mitglieder, die sich auf Tour mit Sex und Drogen bei Laune halten, noch eine andere Seite. Jedes Jahr zur Zeit der Sommerferien unterbrechen sie ihre Tourneen, um mit ihren Kindern und Ehefrauen zusammenzusein — alltägliche Rock ’n‘ Roller-Schizophrenie.

Von der Öffentlichkeit total abgeriegelt, gelangweilt vom Tourleben, entwickelt vor allem Bonzo eine große Lust am Zerstören von Fernsehern, Radios und ganzen Hotelzimmern. Einen skrupellosen Partner findet Bonham in Tourmanager Richard Cole, der früher mit Who-Drummer Keith Moon wilde Tour-Erfahrungen sammeln durfte.

Der Zeppelin stürzt ab

Ende der Siebziger sollte es zu einem Zwischenfall kommen, der das Verhältnis von Bill Graham und der Band nachhaltig zerstörte. In seinem Buch „Bill Graham Presents'“ schreibt der mittlerweile verstorbene Veranstalter:

„Eine Menge männlicher Aggression kam mit ihren Shows, es war Anarchie ohne Grund. Sie hatten fette Bodyguards mit Vorstrafen in England, echte Verbrecher. “ John Bonham. Peter Grant und einige der schweren Jungs schlugen einen Sicherheitsmann Grahams krankenhausreif, weil er Grants Sohn verboten hatte, ein Namensschild von einer Garderobentür abzumontieren. Bonzo, Grant und einer der Schläger wurden verhaftet, eine Zivilklage über zwei Millionen Dollar Schadensersatz folgte. Einige Monate später stirbt Robert Plants Sohn Karac an einer Mageninfektion. Darauf beginnen Gerüchte zu zirkulieren, die vom Pech verfolgte Band wolle sich auflösen.

1979 erscheint das Album IN THROUGH THE OUT-DOOR, dem eine ausgedehnte Europa-Tour folgt. Am 7. Juli 1980 beenden Led Zeppelin die Tournee in der Berliner Eissporthalle, es sollte ihr letzter Auftritt werden. Das finale Konzert ist mehr als durchwachsen. Nach einer ansprechenden ersten Hälfte raucht Jimmy zwei Joints auf der Bühne, danach spielt er alles mögliche — nur nicht die richtigen Noten. Unter dem Gelächter seiner Kumpanen macht er sich zum Narren, er stolpert auf der Bühne herum. Am 25. September 1980 — die Gruppe hatte sich in Pages Haus versammelt, um zu proben — findet John Paul Jones John Bonham, der am Abend zuvor 40 Wodka getrunken hatte, tot auf. Bonzo teilt Jimi Hendrix‘ und Bon Scotts Schicksal: erstickt an seinem eigenen Erbrochenen. Ohne ihren Freund wollen die drei verbliebenen Mitglieder nicht weitermachen. Nach dieser tödlichen Bruchlandung findet der Zeppelin im Luftfahrtmuseum seine letzte Ruhestätte.