Graffiti Bridge: Road Movie
Der Soundtrack ist da, die Fotos ebenfalls, wo bleibt der überfällige Film? "Graffiti Bridge" von und mit Prince wurde soeben erneut verschoben. Eine Spurensuche.
„Kim Basinger und Prince im Duett“, das war eine der Schlagzeilen von 1989. die hängenblieben. Das Ergebnis der Studio-Arbeit, der Song „Scandalous“, diente dann über Monate als Aufhänger für Szenen aus einer angeblich heißen Affäre, die sich mitunter sogar gegen Mitternacht auf Friedhöfen abgespielt haben sollen. Die Konsequenz war beinahe zwingend: Kim und Prince gemeinsam vor der Filmkamera. Tatsächlich, so sickerte inzwischen aus dem verschwiegenen Paisley Park durch, schrieben „der Erotomane und seine Liebes-Sklavin“ ein 30 Seiten starkes Treatment.
Von diesem Treatment wird in „Graffiti Bridge“ genauso viel zu sehen sein, wie von Kim Basinger: Nichts. Prince plante seinen neuen Film mit Handlung statt dessen als Plattform für die wiedervereinigte Supergruppe The Time. Er selbst wollte, wie bei der The-Time-LP. nur als Regisseur im Hintergrund wirken. Davon hielten wiederum Warner Brothers nichts, die die sieben Millionen Dollar Produktionskosten vorschossen. Also wurde das Buch nochmals umgeschrieben und der Drehbeginn verschoben.
36 Tage standen Prince und Morris Day (beide in ihren Rollen als „Purple Rain“), The Time, Jill Jones, Ingrid Chavez und ein halbes Dutzend junger Pailey Park-Acts vor der Kamera. Die Story dreht sich um den Nachtclub Glam Slam (zu besichtigen im „Thieves In The Temple“-Video) und den Machtkampf um die Minneapolis-Szene. Zwei Tage früher als geplant war alles im Kasten. Unmittelbar danach startete Prince seine Europa-Tour – und die Probleme begannen.
Als Regisseur und Produzent ließ haben“ sich Prince die Verantwortung für den Schnitt von „Graffiti Bridge“ nicht nehmen. Während er quer durch Europa tourte, saß sein Chef-Cutter Steve Rifkin in Hollywood im Schneideraum. Sobald eine Sequenz im Rohschnitt fertig war. ging eine VHS-Cassette per Luftkurier nach Europa. Prince begutachtete und korrigierte zwischen seinen Gigs, in der Garderobe irgendeiner Halle, im Hotelzimmer, im Bandbus. Prince machte aus „Graffiti Bridge“ im wahrsten Sinne des Wortes ein On-the-Road-Movie. Doch so schön die Vorstellung der „Graffiti“-Luftbrücke ist, sie kostete vor allem Zeit.
Der geplante große Start in 1400 amerikanischen Kinos am 7. August platzte. Bis zum Redaktionsschluß dieses Heftes konnten sich Warner Brothers und Prince nicht auf eine endgültige Version einigen. Selbst wenn „Graffiti Bridge“ in Amerika als Weihnachts-Überraschung präsentiert wird – der Deutschland-Start ist noch in weiter Ferne. „Bevor wir den Film nicht gesehen heißt es bei der Münchner Warner-Brothers-Filiale, „fangen wir noch nicht mal mit der Planung an.“
Prince. der nie Interviews gibt, gewährte kürzlich einem Journalisten des „Rolling Stone“ eine Audienz. Von den schlaflosen Nächten des Meisters ist da zu lesen, von der unglaublichen Energie und von einer geradezu unkontrollierten Arbeitswut. Einmal nur, während der mehrtägigen Tour-Begleitung, war Prince genervt. Da saß er auf dem Boden seines Hotelzimmers und spielte sich eine Szene aus „Graffiti Bridge“ ständig vor und zurück. “ Vielleicht sollte ich mir das als Fernziel vornehmen“, sinnierte Prince: „Nur noch an einem Projekt arbeiten und das dann auch zu Ende bringen.“