The Cross – Manchester University


Wer die Finanzmisere britischer Gemeinden kennt, den wird auch der desolate Zustand der Manchester University kaum erstaunen. Man kann sich wundern, daß sich Queen-Drummer Roger Taylor nicht für zu fein hielt, an diesem unfreundlichen Ort aufzutreten. Noch dazu: Er benutzte zudem die verdreckte Garderobe gemeinsam mit den sechs Musikern seines zweiten Standbeines „The Cross“ und fühlte sich im dichtgedrängten Kreis seiner jungen Kollegen sichtlich wohl. Diese Harmonie übertrug sich auch auf die Bühne. Bereits die Einstiegsnummer „Laugh And Cry“ präsentierte die Band als erstaunlich gefestigte Einheit —- schließlich war Manchester erst der fünfte Gig der laufenden Englandtournee. Der Eindruck einer kompakten Band verstärkte sich mit Fortdauer des Konzertes zusehends und wurde (neben der zentralen Präsenz Taylors) auch von seinen kongenialen Mitstreitern geprägt. Gitarrist Clayton J. L. Moss erwies sich hier als die neben Taylor herausragende Musikerpersönlichkeit, als wahrer Meister seines Metiers. Der im Bühnenhintergrund spärlich agierende Keyboarder Spike Edney versuchte dagegen die These zu widerlegen, daß Tasteninstrumente nur zur Produktion breitwandiger Soundcollagen taugen. Peter Noone am Baß und Schlagzeuger John Macrae pumpten derweil ihre gesamte Energie in den Set (die drei obligatorischen Backgroundsängerinnen wirkten hier dagegen fast deplaziert und blieben blaß). Vor dieser bis in die Fingerspitzen motivierten Crew rackerte ein prächtig aufgelegter Roger Taylor. Der fast 4Ojährige sang sich in überzeugender Manier durch ein Programm. Material der drei Soloalben Taylors war dabei, das Schwergewicht jedoch lag verständlicherweise auf den Songs der aktuellen Cross-LP SHOVE IT.“

Nach der Hälfte des Konzertes setzte sich Taylor, vom Publikum heftig beklatscht, ans Schlagzeug und überließ Gitarrist Clayton J. L. Moss den Gesang, der damit einigermaßen überfordert schien. Nach dem Ende des regulären Sets war die Feuertaufe des Rock-Oldie vor dem durchweg sehr jungen Publikum bestanden, die Kids waren von der frischen Spielfreude der Band begeistert: Mehrere Zugaben von dem singenden Drummer. Hier hakte sich vor allem Roger Taylors T. Rex-ähnliche Komposition „Crazy“ aus seiner ersten Solo-LP FUN IN SPACE (1981) in den Gehörgängen fest.

Die Kombination von jugendlichem Tatendrang und Erfahrung brachte auch bei „The Cross“ etwas Neues und Mitreißendes hervor. Vielleicht liegt darin auch für andere der Schlüssel zu neuen Ufern. Roger Taylor jedenfalls ist auf dem besten Wege, eine neue, intelligente Rockband zu etablieren, an der man nur schwer vorbeikommen wird. Eine wichtige Frage auf dem Weg dorthin wird jedoch sein, inwieweit sich „The Cross“ vom Markenzeichen Queen wird lösen können und Roger Taylor als Frontmann der neuen Truppe eine Tournee überzeugend durchstehen kann. Nach dem viel beklatschten Auftritt in Manchester bestehen daran kaum Zweifel. Für die Deutschlandtournee sind „The Cross“ jedenfalls bestens gerüstet.