Scott Walker


Als ich ihm wenige Wochen nach seinem 41. Geburtstag in der Bar des Kensington Hilton gegenübersitze, will er so gar nicht in das Bild passen, das seine schwermütigen Platten vermuten lassen. Überaus freundlich und zuvorkommend, präsentiert er sich mit der Souveränität gereifter Pop-Götter. Schön, jugendlich und gesund sieht er natürlich immer noch aus (und das, obwohl er rein gar nichts für seine körperliche Fit: ness tut), diesen Trumpf aber nicht allzu gern ausspielt – allenfalls beruflich. Und daß seine faszinierende Stimme nicht mit den Jahren gelitten hat, davon kann sich jeder auf dem kontroversen, außergewöhnlichen, genialen CLIMATE OF HUNTER-Album überzeugen. „Ich befinde mich jetzt im besten Alter für einen Sänger. Erst mit 50 fängt es an, bergab zu gehen.“

So lange war Scott Walker verschollen, daß schon zu fürchten war, er habe sich in die obskure Abgeschiedenheit schrulliger Ex-Idole zurückgezogen. Die unerquicklichen 70er, für die Scott heute nur noch Hohn und Spott übrig hat (mit zusammengeschluderten Alben, um den Vertrag mit Philips zu erfüllen, und schnell enttäuschten Hoffnungen, bei CBS einen neuen Start als Songschreiber finden zu können), endeten mit der verunglückten Wiedervereinigung der Walker Brothers („eine gute Idee, die sich bald als schlecht herausstellte“) und Ende 1979 mit einem neuen Beginn bei Virgin. Eno trat an ihn heran und hätte zu gerne eine LP mit ihm produziert, „aber ich wollte nicht auch noch seine Karrlere ruinieren“.

Er zog sich statt dessen aufs englische Landleben zurück und ließ die Zeit vorbeiplätschern. “ Was ich die ganzen Jahre angestellt habe? Nun, das, was andere Leute auch tun. Aufwachen, lesen, mich über andere Musik informieren, Ins Kino gehen. Hauptsächlich versuchen, über die Runden zu kommen und mir darüber klarzuwerden, was Ich will.“

Neue Songs kamen dabei nicht heraus, bis er schließlich bei Virgin (die ihn fast schon vergessen hatten) anrief und ankündigte:

„In drei Monaten könnt ihr ein Album haben.“ Unter selbst auferlegtem Zeitdruck lief es endlich – und in sechs Wochen war er mit sich und seinem Produkt zufrieden.

Die Platte hat einen fast altmodischen, archaischen Sound, ist aber mit modernster Studio-Elektronik aufgenommen. „Ja, ich wählte Peter Walsh als Produzenten, da ich mich mit der neuesten Technik nicht mehr auskannte. Aber ich wollte keinen durch elektronische Tricks manipulierten Sound. Die Instrumente sollten echt und natürlich klingen. Und die Stimme wurde so unverfälscht wie möglich aufgenommen. Ich denke, es ist eine wirkliche HiFi-Auf nähme.“