Genius :: Regie: Michael Grandage
Ein Film, der spaltet. Den Genies beim Schaffensprozess über die Schulter zu gucken, macht Laune. Die klischeebeladene Inszenierung überhaupt nicht. Und jetzt lasst uns über Kunst streiten!
Was die Aufgabe eines Schriftstellers ist, weiß man ja. Der Job eines Lektors lässt sich schon nicht mehr so leicht erklären. Er beurteilt hier, feilt da noch ein bisschen. Aber das Lob für das fertige Werk gebührt allein dem Autor, oder? Das Biopic mit dem klebrig abgedroschenen Titel „Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft“ beschäftigt sich mit der Spannung zwischen Schriftsteller und Lektor.
Zur Ausgangslage: Lektor Max Perkins (Colin Firth) hat bereits Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald unter Vertrag genommen und so einen guten Riecher bewiesen. Auch als der Exzentriker Thomas Wolfe (Jude Law) ihm seine chaotische Zettelwirtschaft als Roman verkaufen möchte, filtert er das Potential heraus und nimmt ihn unter seine Fittiche. Die beiden streiten sich von nun an rund um die Uhr. Wolfe will all seine Gedanken in nur einem Buch unterbringen, Perkins versucht ihn in Zaum zu halten. Unter der ungesunden Arbeitsbeziehung leiden schon bald auch die privaten. Das Drama ist perfekt.
Was uns hier präsentiert wird, ist eine klassische Hassliebe. Diese hat Drehbuchautor John Logan (der sich bemühen musste aus A. Scott Bergs Roman eine ansehnliche Leinwandadaption zu erschaffen) überdeutlich herausgearbeitet. In den 104 Minuten Laufzeit kriegt man regelrecht Kopfschmerzen von dem beständigen Schlagabtausch der zwei Sturköpfe. Irgendwie ist alles einfach nur anstrengend und läuft zähflüssig. Trotzdem haben die Männer einen tiefen Respekt voreinander.
Die Farbpalette geht kein Risiko ein und bemüht sich stets um einen leichten Grauschleier. Außer Nicole Kidmans (die Wolfes Affäre spielt) warmroten Lippenstift leuchtet hier wirklich nichts. „Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft“ von vorne bis hinten durchzuschauen, kommt letztlich auch einer Hassliebe gleich. Wer der künstlerischen Entwicklung Wolfes folgt, der mit „Schau heimwärts, Engel“ Ende der 1920er-Jahre ein Meisterwerk verfasste, fühlt sich endlich mal wieder im Kinosessel intellektuell gefordert. Das Changieren zwischen amüsant und tiefsinnig ist einzigartig.
Doch inszenatorisch bleibt die Romanverfilmung allerhöchstens Mittelmaß. Aufgrund der uninspirierten Kameraeinstellungen machen sich die Längen des Dramas umso mehr bemerkbar. Die Farben sind öde, die Perspektive zu statisch. Trotzdem sind die Diskussionen, welche die solide aufspielenden Protagonisten aufwerfen, anregend. Wie viel Kunst entstammt eigentlich derartigen Kollaborationen und wer darf für was die Urheberschaft beanspruchen? Und noch viel wichtiger: Was macht denn nun einen wahren Künstler aus?
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