Who said a white boy can’t funk?


Er ist der DJ auf den Partys, auf denen wir gerne tanzen würden. Er ist der Produzent, der Amy Winehouse zum Erfolg verhalf. Er ist der Musiker, der mit „Bang Bang Bang“ den Sound des Sommers lieferte: Mark Ronson veröffentlicht sein drittes Album.

Mark Ronson klingt verschnupft. Man weiß nicht genau, ob es die Klimaanlage oder die näselnde Arroganz eines der begehrtesten Produzenten/DJ/Bachelors der Welt ist. Aber es muss die verdammte Klimaanlage in diesem Berliner Hotel sein. Und der Akzent, eine Mischung aus London und New York. Ronson trägt ein rotes Hemd, schwarze Hose, weiße Schuhe. Eine erfolgreiche Farbkombination. Ronson legt gesteigerten Wert auf Stil, hat Turnschuhe für Gucci entworfen. Später wolle er noch auf die Modenschau von Michael Michalsky gehen, erzählt die Promoterin, gesehen wird er dann aber auf der Party eines hippen dänischen Designers in einem Freibad. Der 35-Jährige ist nicht nur derjenige, der wie kein anderer Produzent derzeit dem Pop eine Botox-Spritze setzt, nicht nur der DJ, bei dem auch Prince nach der Playlist fragt, nein, Mark Ronson ist darüber hinaus auch noch Abkömmling einer der umtriebigsten Showbiz-Celebrity-Familien Amerikas.

Ihre Mutter hat mal einer Reporterin des „New York“-Magazins erzählt, Sie hätten mit vier Jahren angefangen, Musik zu schreiben.

Mark Ronson: Zu schreiben definitiv nicht. Vielleicht habe ich ein bisschen getrommelt.

Im selben Artikel stand, dass Ihnen das Trommeln der Drummer von The Who, Keith Moon, beigebracht habe.

Ich weiß nicht genau, ob das stimmt und meine Mutter sich da richtig erinnert. Sie war möglicherweise nicht mehr ganz nüchtern an diesem Abend. Manchmal bin ich als Kind mitten in der Nacht aufgewacht, weil meine Eltern Hunderte von Leuten eingeladen hatten und laut Musik hörten. Also bin ich runter gegangen, habe mich neben die Boxen gesetzt und so getan, als würde ich die Drums zu der Musik mittrommeln. In einer Nacht muss auch der Typ von The Who da gewesen sein und daraufhin hat er meinen Eltern wohl geraten, mir ein Schlagzeug zu kaufen.

Andere Quellen behaupten, Sie hätten Gitarrenstunden bei Slash gehabt.

Nein, das stimmt nicht.

Auf Ihrem aktuellen Album arbeiten Sie mit verschiedenen Musikern zusammen.

Ja, mit Q-Tip, Boy George, der Sängerin MNDR, Andy von Miike Snow und Rose Elinor Dougall, ex-Mitglied der Pipettes, ist auch dabei.

Wie kommt man mit solchen Leuten eigentlich zusammen?

Das sind Freunde und Bekannte. Das läuft alles sehr organisch, so wie so etwas eben laufen muss. Die Leute mit denen man gut zusammenarbeitet, sind die, die man akzeptiert, in deren Zirkel man aufgenommen wird. Ich werde oft gefragt, ob es jemanden gibt, mit dem ich unbedingt mal zusammenarbeiten möchte. Aber das läuft anders, die Leute mit denen ich etwas machen möchte, die treffe ich einfach.

Haben Sie je mit N.E.R.D. gearbeitet?

Nein, aber ich kenne die Jungs, und wenn ich in New York auflege, kommen sie oft bei den Partys vorbei.

Ihre Stile würden gut zueinander passen.

Ich mag ihre Musik sehr gern, eine Tour zusammen zu spielen wäre großartig.

Man könnte Ihren Musikstil als die perfekte und moderne Mischung von Black und White Music beschreiben, gefällt Ihnen das?

Jede moderne Musik hat ihre Wurzeln im Blues und seinen Rhythmen. Auch die Beatles haben nur schwarze Blues- und R’n’B-Musiker kopiert. Als Junge habe ich Public Enemy und LL Cool J genauso geliebt wie Guns N’Roses oder Duran Duran. Dennoch habe ich beim Produzieren nie versucht, eine Portion Hip-Hop zu nehmen, dann ein Stück Rock dazu zu geben, um die Mischung dann mit Pop aufzufüllen. Ich plane nicht, meine Musik klingt immer so, wie sie am Ende rauskommt, ich mag eine Menge verschiedener Dinge und auch ich kenne die wirklich funktionierende Erfolgsformel nicht. (Ronson zieht die Nase hoch)

Das heißt, Sie wissen auch nicht, wie man den perfekten Popsong schreibt?

Ich habe bisher nie wirklich einen geschrieben, ich war nur Co-Writer. Ich glaube, die wirklich guten Songs entstehen immer aus Versehen. Es gibt Stücke, denen hört man einfach an, dass sie als Hit geschrieben wurden. Katy Perry, Pussycat Dolls, Miley Cyrus – wenn man die hört, hat man sofort das Bild von Typen mit Notizblöcken im Studio im Kopf, die die richtige Mischung zusammenrechnen. Aber das ist okay, das ist halt Musik, die gewisse Leute mögen. Aber die klassisch guten Songs, die für immer bleiben, entstehen anders. Ich glaube nicht, dass Keith Richards und Mick Jagger abgeklatscht haben, nachdem sie Satisfaction geschrieben haben.

Haben Sie eine Bezeichnung für Ihren Stil?

Eine Bezeichnung? Nein, habe ich nicht, denn mein Stil ändert sich mit jeder Aufnahme. Der Sound des Albums mit Daniel Merriweather, dem mit Amy Winehouse und meinem letzten, VERSION, hatte Grundzüge von Sixties, Soul und Funk. Der rote Faden zwischen allen Arbeiten sind die Hip-Hop- und Funk-beeinflussten Beats. Aber RECORD COLLECTION ist total anders. Die Akustik ist anders.

Es klingt elektronischer.

Nein, es ist nichts elektronisch daran, alles ist ja live eingespielt. Auch wenn wir Synthies und Keyboards benutzt haben, haben wir alles genauso aufgenommen wie bei meinen anderen Alben. Vier Musiker in einem Raum und kein Computer. Das ist mir wichtig. Wir experimentieren jetzt einfach mit unterschiedlichsten Sounds und verwenden Instrumente aus verschiedenen Epochen.

Was macht ein Musikproduzent eigentlich genau?

Ein weites Feld. Ein Produzent kann entweder nur die Sounds produzieren, oder er schreibt die ganze Musik, oder er arrangiert die Background-Musik. Im Hip-Hop gibt es Produzenten wie Timbaland, der macht nur die Beats. Dann gibt es so unterschiedliche Produzenten wie Rick Rubin, Pharrell, Kanye oder George Martin, die alle unterschiedliche Methoden verfolgen. Jeder macht seinen Job anders. Als ich mit Amy Winehouse gearbeitet habe, kam sie zu mir mit einem Song und einer Akustikgitarre … (Mark Ronson fängt langsam und benommen, fast wie auf Beruhigungsmitteln, zu singen an: „They tried to make me go to rehab and I said: No no no …“) Und ich schlug ihr vor, das alles etwas schneller zu spielen (er klatscht einen Beat) ein paar Akkorde zu ändern, einen Teil zu wiederholen und so weiter. Sonst sitze ich meist bei der Band, während sie einen Song aufnimmt und erzähle, was sie spielen sollen. Oft arbeite ich jedoch mit großartigen Musikern, die ihre eigenen Ideen einbringen, ich schreibe ihnen nicht alles vor. Manchmal, wie etwa bei dem Song mit Lily Allen, mache ich auch nur den Beat und das war’s dann.

Viele Wohnzimmer-Produzenten fragen sich sicher, wo Sie Ihr Handwerk gelernt haben.

Produzieren ist nichts, was man beigebracht bekommt. Man sammelt es sich zusammen auf seinem Weg. Ich habe schon als Kind angefangen, in einer Band zu spielen. Dann fing ich an, Platten aufzulegen. Und mein erstes richtiges Album habe ich 2002 produziert, ohne tatsächlich viel verstanden zu haben. Ich hatte meine kleine Drum-Machine, um Beats zu machen, und den Rest habe ich mir bei den Tontechnikern abgeschaut.

Gerüchteweise waren Sie vor kurzem wieder im Studio mit Amy Winehouse.

Das ist schon ein paar Monate her. Wir haben an Songs für ein Quincy-Jones-Tribute-Album gearbeitet.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es bald ein neues Album der Engländerin geben wird?

Das weiß ich nicht, da müssen Sie Amy fragen. Aber es wäre schön.

Können Sie sich vorstellen, wieder mit ihr an einem Album zu arbeiten?

Das werde ich entscheiden, wenn sie wirklich mit neuen Songs vor der Tür steht. Ich bin mir sicher, dass sie wieder mit Salaam Remi zusammenarbeiten möchte und, ja, hoffentlich auch mit mir.

Stimmt es eigentlich, dass Sie einen Song für Michael Jackson geschrieben haben?

Mein bester Freund in Kindheitstagen war Sean (Lennon), der kannte Michael ganz gut. Und da mein Stiefvater Musiker ist und wir ein kleines Studio zu Hause hatten, haben Sean und ich darin öfter mal furchtbare Songs aufgenommen. Wir waren zwölf Jahre alt, und eines Tages haben wir mit Michael abgehangen und meinten: „Michael, komm, sing uns eine Bassline, damit wir einen Song daraus machen können – give us some magic!“ Also hat er uns etwas eingesungen. Und ich erinnere mich heute noch genau daran, wie die Melodie klang, sehr nach Michael Jackson. (Ronson singt mit spitz geformten Lippen: „Dun do do don do do do do dodo“) Es hatte diesen „Smooth Criminal“-Vibe. Sie können sich ja vorstellen, wie lustig wir das fanden: Er hat die Melodie so Jackson-typisch gesungen, während er mit den Fingern in der Luft schnippste und mit seinem Fuß einen Beat vorgab. (Ronson lehnt sich zurück) Verrückt, dass ich diesen Typen tatsächlich kennen lernen durfte.

Folgende Theorie: Wenn Pop- und Celebritykultur die amerikanische Spielart der Aristokratie ist, dann wären Sie Mitglied einer der wichtigeren königlichen Familien.

Und?

Verstehen Sie, worauf ich hinaus will?

Ich ahne es.

Diese beiden sozialen Systeme funktionieren nach ähnlichen Gesetzen, haben ähnliche Funktionen.

Ja, aber ich bin kein Fan der Aristokratie. Ich denke, man sollte Dinge erreichen, indem man sie sich verdient – und diese nicht einfordern, weil man glaubt, ein Geburtsrecht darauf zu besitzen. Ich verstehe, dass viel über meine Familie geschrieben wird, meine Schwestern stehen im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, aber ich bin seit 34 Jahren Teil dieser Familie und niemand wäre früher auf die Idee gekommen, über mich zu schreiben, nur weil ich Mark Ronson heiße.

Haben Celebrities die klassiche Monarchie nicht einfach verdrängt? In der Regenbogenpresse spielen Lindsay und Britney eine größere Rolle als beispielsweise Ihre Majestät, die Queen.

Ich hasse Menschen wie Linsay und Britney. Wenn irgendjemand das Königspaar des Pop werden sollte, dann sind es Beyoncé und Jay-Z.

Ihre Schwester ist ständig in den Gossip-News, Alkohol hier, Skandal da.Über Sie liest man keine Sex- und Drogen-Geschichten. Haben Sie einen besseren PR-Berater?

Ich gehe eben nicht so gerne in die Läden, in denen Paparazzi mich vermuten. Das wäre meiner Musik auch nicht dienlich. Wenn ich einen Radiohead-Song höre, will ich doch auch nicht Thom Yorke vor Augen haben, wie er gerade betrunken aus einem Nachtclub stolpert.

CD im ME S. 20, Albumkritik S. 120

www.markronson.de

Mark Ronson

Seine Kollegen im Studio

Lily Allen

Robbie Williams

The Roots

Christina Aguilera

Nikka Costa

Q-Tip

Amy Winehouse

Daniel Merriweather

Boy George

Ghostface Killah

The Roots

Mos Def

Weezer

Seine Familie

Mutter: Ann Dexter-Jones (Society-Dame und Gesellschaftsreporterin)

Vater: Laurence Ronson (Immobilien-Tycoon)

Stiefvater: Mick Jones (Foreigner)

Schwestern:

Charlotte Ronson (Fashion-Designerin)

Samantha Ronson (Musikerin, DJ, wird eine Affäre mit Lindsay Lohan nachgesagt)

Seine Bekannten

Sean Lennon (bester Freund als Kind)

Rashida Jones, Tochter von Quincy Jones (Ex-Verlobte)

John Forté

Tom Cruise, auf dessen Hochzeit er aufgelegt hat

Ethan Browne, Sohn von Jackson Browne

P. Diddy, bucht ihn des öfteren für seine Partys

Bis er acht Jahre alt war, wohnte er neben Linda, Paul und Stella McCartney

Auch Mick Jagger und Andy Warhol waren Gäste im Hause Ronson

Seine Inspiration

Musik

Billy Squier

Rated R

Queens Of The Stone Age

Buch

Ein Porträt des Künstlers als junger Mann

James Joyce

Film

Happy Gilmore

Stil

John Taylor von Duran Duran