Kolumne

Linus Volkmanns Popkolumne: Zeig mir dein (ungewöhnlichstes) Bandmerch!


Duftkerzen, Särge, Toilettensitze, Glockenspiel, Monopoly & Wichstücher: Volkmann entführt in die Welt des abstrusen Artist-Merchs.

Nach den letzten Shows in München hatte Taylor Swift Deutschland wieder verlassen, hat uns allein gelassen. Sieben megalomanische Sommer-Konzerten in unseren feinsten Metropolen lagen hinter ihr. Wer erinnert sich im Rahmen dessen nicht gern an die spannende Diskussion um eine Umbenennung von Gelsenkirchen in Swiftkirchen? (Disclaimer: Mit gern meine ich natürlich extrem ungern – und mit spannend meine ich please kill me!)

Übrig geblieben jedenfalls vom Pop-Event des Jahres sind neben all den pflichtschuldig abgeliketen Insta-Posts von irgendwelchen Random-Stadionrängen vor allem auch sie: Unzählige Swift-Shirts, die sich an den Merch-Ständen auch noch zugelegt wurden. Ein baumwollener Beweis für 50 Euro und mehr: I was there! Die Träger:innen führen sie dieser Tage stolz am Leib spazieren. Der Rechtsstaat ist machtlos.

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Wer dagegen Einfluss nahm auf die Geschehnisse der Swifties: Eselsgestalten in Form islamistischer Incels, die aktuell dafür sorgten, dass die Wien-Dates der Künstlerin abgesagt werden mussten. Sorry, liebe Menschen in Ö!

In Deutschland fand die swift’sche Heimsuchung indes komplett statt – daher ergreife ich hier nun das Wort für all uns Daheimgebliebene ohne Taylor Swift „Eras“-Shirt – und präsentiere Band-Merch, der dagegen wirklich spektakulär ist.

Ungewöhnliches Merch

Der Lieblings-Act klebt an deinen Lippen? Okay! Bevor Harry Styles selbst zu einem ähnlich globalen Konsens-Pop-Ereignis wie Taylor Swift wurde, spielte er in der Boyband One Direction. Von denen wiederum gab es eine mehrteilige Lip-Gloss-Serie. Niedlich! 

Einst sang Thees Uhlmann mit seiner Band Tomte „Ich möchte kein Pantera mehr hören / Ich werde schon genug angeschrien“.
Ob er da schon ahnte, dass der texanische Crossover-Metal-Act einmal ganz herzig einen f***ing Kinderwagen im Merchandise-Sortiment aufbieten würde?

Welcher Band würde man sein Geld gern zur Verwahrung anvertrauen? Hier fielen mir einige grundehrliche Sparfüchse ein (Max Giesinger!), deren Musik einem ja bereits Quartalssteuer-Vibes gibt. Für mich allerdings in Sachen Finanzen definitiv nicht erste Wahl: Die Sex Pistols. Das sieht Virgin-Boss Richard Branson allerdings anders und präsentierte vor zehn Jahren eine Kreditkarte mit der berüchtigten britischen Punkband.

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Ein bisschen vornehmer – in Musik und Produkt: Eine von der feinen Nase des norwegischen Indie-Songwriters Sondre Lerche ausgeschnüffelte Duftkerze. Man riecht sie doch schon fast vor sich: Haselnuss, Hyazinthen und ein Hauch verschimmelter Proberaumkeller und Polyester-Schweiß.

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Fans von Deftones konnten einst das Spielzeugmodell eines BMX-Rads mit dem Logo der Band erstehen – eingeblistert in eine Verpackung, die sonst gemeinhin Actionfiguren vorbehalten ist.

Die Musikerin Mitski veröffentlichte 2018 das Album BE THE COWBOY. Ihre gleichsam japanischen wie amerikanischen Wurzeln brachte sie dabei in einem besonderen Merch-Artikel auf den Punkt – und zwar dem „Feed the Cowboy“-Ramen-Löffel.

Interlude: Privatsammlung

Ihr habt es sicher längst bemerkt: Das Thema „Ungewöhnliche Merch-Produkte“ braucht nicht lang, bis es sich an einen selbst richtet. Was besitze ich eigentlich an Band-Sachen, die über „schwarzes Shirt mit Aufdruck“ hinausgehen?

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Ich habe ebenfalls mal in meinem eigenen Reich ein bisschen was zusammengefegt. Alles weit entfernt von Wertsteigerung und Mint-Condition – aber trotzdem schön!

Der Visor von Schnipo Schranke (R.i.P.) / Diese Socken von Fritzi Ernst (einst Teil von Schnipo Schranke) / Das legendäre Geschirrtuch von Jens Rachuts Maulgruppe (Sorry, Sammler:innen, wird tatsächlich zu diesem Zweck benutzt) / Die Glöckchen von Miserable Rich (die auch in deren Song „Somerhill“ zum Klingen gebracht werden) / Der Weihnachtspullover von Kreator („Santa is real“ in Abwandlung ihres Songtitels „Satan is real“, könnte ich jedes Mal wieder aufs Neue drüber lachen) / Diverse Actionfiguren entlehnt aus klassischen Metal-Alben / Das Mühlheim Asozial Frühstücksbrettchen („Dir fällt ein Bier auf den Boden / Ey, die Hunde!“) / Und apropos Bier … Ich besitze noch eine Flasche von Team Scheisse (hierbei handelt es sich aber um kein offizielles Produkt, sondern um Craft-Beer-Fan-Art von der Team-Scheisse-Meme-Macherin Gesus Grandus und ihren Leuten).

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Nur noch als Erinnerung dagegen existiert dies hier … Der Wein von Muff Potters Nagel. Zu dessen Roman „Was kostet die Welt“, der in einer Weinregion spielt, lud der schreibende DIY-Rockstar auf ein selbiges Gut ein zu seiner Premierenlesung. Mit dem Eintritt erwarb man auch eine Flasche des extra aufgestellten Buch-Merchandise-Weins. Die Idee dahinter schien sensationell aufzugehen – mochte man zumindest meinen: Denn schon zu Beginn war die Stimmung für eine literarische Veranstaltung auffällig euphorisch in jenem Weinkeller. Doch nach der Pause wendete sich das Blatt. Einige Gäste waren nun schon so trunken, dass ihre Flaschen auf dem Steinboden zerschellten und sie sich befleißigt fühlten, die Lesung durch eigene, tendenziell unverständliche Wortbeiträge zu bereichern.

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Lange Zeit hielt ich dagegen meine Flasche verkorkt in Ehren, bis starke Sonneneinstrahlung sie ausflocken und trüb werden ließ. Habe sie als passionierter Nagel-Fan trotzdem noch getrunken. Ziemlicher Trip!

Damals vorausschauend zumindest ein Foto der kostbaren Nagelweinflasche gemacht.

Ungewöhnliches Merch (Fortsetzung)

Das Spiel das fieser Immobilienhuberei schon vor Jahrzehnten ein unterhaltsames Gesicht gegeben hat: Monopoly. Denn Kapitalismus kann auch Spaß machen – also natürlich nur dann, wenn man selbst oben schwimmt und die einfachen Leute für ihre bloße Existenz mit unbezahlbaren Mieten bestraft. Das Spiel passt auf jeden Fall perfekt zu einer der zentralsten wie immer auch schon geschäftstüchtigsten Rockbands überhaupt: Metallica.

Hair-Metal-Bands toupierten sich die Haare ins Unermessliche, maskuline Rock-Acts schminkten sich mit Hingabe. Doch all diese interessante Feminisierung geschah stets unter der pimmeligen Prämisse, dass man dennoch übertrieben viril, hetero und meist auch noch ziemlich macho sei. Alice Cooper stellt eine der wenigen Ausnahmen jener Zeit dar, die keine Schleifspur misogyner Ausfälle hinter sich herzog.

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Der in Detroit geborene und mittlerweile 76-jährige Musiker hatte sogar mal seine eigene Unisex-Eyeliner-Linie im Programm.

 

Was passt zu augenzwinkernden Rocksongs und einer Ironie gestählten US-Band? Funny Schnurrbärte – zwischen Pornobalken und Neo-Hipster. Weezer blieben mit diesem Merch nah an ihrem Markenkern – exzentrische Spaßvögel zum Knuddeln.

Ozzy Osbourne hat den Moment schon oft verflucht, als er „versehentlich“ einer lebenden Fledermaus auf der Bühne den Kopf abbiss. Nicht aus Pietät hinsichtlich des Tieres, sondern weil ihn diese Geschichte bis heute in fast jedes einzelne Interview und Gespräch verfolgt. So kann man es zumindest in seiner Biographie „I Am Ozzy“ aus dem Jahre 2009 nachlesen. Dass auch Merch zu dem Fledermausvorfall existiert, dürfte wohl kaum jemand wundern. Kleines Schmerzensgeld für den Künstler, weil er die Story immer wieder erzählen soll.

„One of the Boys“: So nah kommt man seinem Lieblingsstar selten: Katy Perry in Unterwäschen-Form.


Im Auto riecht‘s mal wieder nach Rauch oder dem Ei-Brötchen, das zuletzt mal unter einen Sitz fiel, in Teilen dort verschollen blieb und nun ein olfaktorisch wahrnehmbares Eigenleben entwickelt hat? Zum Glück hat die Band OK Go (die mit den bekannten Video-Clips!) beim Merch auch mal an diese Situation gedacht – und Wunderbäume mit ihren eigenen Konterfeits rausgebracht.

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Alles muss repariert werden. Das Näh-Set war auf jeden Fall eine schöne Idee aus der The-White-Stripes-Zeit, die damals noch so Pommes-Schranke-mäßig weiß/rot aufgefallen ist. Holt es euch heute noch auf eBay zum Mondpreis

Britpop-Fans tragen gern Turnschuhe. Mit dieser einfachen Erkenntnis köderte Adidas den dicksten Fisch (lies: Frosch) des Genres. Wer diese limitierte Noel Gallagher Sneakers-Edition unausgepackt bei sich daheim im Deadstock hat, braucht sich um seine Rente nicht mehr zu sorgen.

Fan bis zum Tod? Für Kiss ist das nicht genug. Auf ihr Merch-Konto geht der Sarg zur Band. Wem die Vorstellung von ewiger Ruhe ein wenig zu leise erscheint, hier kommt Abhilfe.

Explizites Merch

Sex sells. Dieser Motor treibt auch manches Band-Merch an. Es existiert zum Beispiel ein feierlicher Dildo der Band Ghost. Daft Punk hatten zur Zeit ihrer One-Night-Stand-Hymne „Get Lucky“ featuring Pharrell Williams eigene Kondome im Angebot.

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NOFX waren gerade auf Abschiedstour auch in Deutschland, zu ihrer Hochzeit 1996 indes gab es zu ihrem sodomie-verdächtigen Skandal-Album HEAVY PETTING ZOO ein aufblasbares Schaf. Zumindest origineller als eine Sexpuppe …

Bevor die kanadische Dark-Wave-Musikerin Grimes sich mit dem Twitter-Vernichter Elon Musk zusammentat, begleitete sie ihre Musik mit Merch in Form von Pussy Rings. Wer’s tragen kann!

Legendär auf der nach oben offen Obszöner-Merch-Skala: Der Cumrag der Band Tenacious D (mit dem Schauspieler Jack Black). Hierbei handelt es sich um ein Tuch, mit dem man Sperma von einer anderen Person entfernt. Bei dem Duo finden sich darauf freundliche Motive wie Schmetterlinge, Regenbogen, Sonnenblume und ein Einhorn …