Dillon
The Unknown
BPitch Control/Rough Trade (VÖ: 28.3.)
Kunst-Pop, Pop-Kunst: Die brasilianische Musikerin hat ihre elektronisch grundierten Lieder einer weiteren Verfeinerung unterzogen.
Auch wenn es beim ersten oberflächlichen Hören vielleicht nicht so ganz offensichtlich werden sollte: Es hat sich doch einiges verändert in der musikalischen Welt der Dominique Dillon de Byington seit ihrem Albumdebüt THIS SILENCE KILLS von Ende 2011. Veränderungen freilich, die sich in mikroskopischen Bereichen abspielen. Zum Beispiel das: Dillon hat mit ihrem zweiten Album THE UNKNOWN keine Referenzen (Björk, Feist, Miss Li et al.) mehr nötig, sondern ist sich selbst zur Referenz geworden. Dillon klingt wie Dillon.
Elektronisch grundierte Popsongs, durch die das Piano als Hauptinstrument führt, das wiederum die eigenartige Stimme Dillons hinfort trägt – und den Hörer in unerforschte Ecken seiner Imaginationswelt. Mit der „Silence“ der Musik, die eines der wesentlichen Merkmale auf dem Debütalbum war, spielt Dillon auf ihrem zweiten Album noch ein bisschen mehr. Die Stille trägt bei zu einer weiteren Verdichtung dieser großartigen minimalistischen Kunst-Pop-Lieder.
Und denen wurde erneut von Thies Mynther (Phantom Ghost, Stella) und Tamer Fahri Özgönenc (MIT) in den Hamburger Clouds Hill Studios, die mittlerweile einen hervorragenden Ruf für analoge Aufnahmen genießen, das passende Sounddesign gegeben. Dass hier in der Welt zwischen Song und Track immer etwas sägt und schabt und wabert und subsonisch in die Magengrube fährt, ist längst nicht mehr als Zugeständnis an den Zeitgeist zu werten, es ist eine popkulturelle Pflicht im Jahr 2014. Elektronik ist bei Dillon kein Gimmick, sondern eine künstlerische Notwendigkeit.
Und dass man die Melodie der Single „A Matter Of Time“ schon nach dem zweiten Hören mitpfeifen muss, ist auch nicht das schlechteste Zeichen. „A Matter Of Time“ ist aber auch ein schönes Beispiel dafür, wie in der Postmoderne musikalische Bestandteile der unterschiedlichsten Herkunft sich zu etwas Neuem zusammenfügen können. Ohne retromanische Hintergedanken. Antagonismen werden bei Dillon zu logischen Entitäten, als wäre das eine Selbstverständlichkeit: Folk und/oder Kunstlied (Dillons Gesang und das Piano), Dreampop (die flächigen Sounds) und die gerade mal aktuellsten Entwicklungen in der elektronischen Musik (der Subbass) – würden diese Merkmale für sich alleine stehen, würden sie wohl keinen Innovationssucher hinter dem Ofen hervorlocken. Oder „You Cover Me“. Dem kinderliedartigen Charakter des Songs jubelt Dillon ein ultra-abstraktes, fast schon Industrialartiges Instrumental unter.