André 3000
Rapper, Musiker, Produzent, Schauspieler – und entgegen aller Gerüchte immer noch eine Hälfte von Outkast. Seine musikalische Erziehung sei wie ein Film gewesen, sagt der 35-Jährige. In den Hauptrollen: Der ältere Cousin, der kiffende Papa und die Hitparaden-Mami.
Mein größter Einfluss auf meine Anfangszeiten als Rapper …
Eric. B & Rakim – PAID IN FULL (1987)
Ich war 12 oder 13 Jahre alt, als ich mit dem Rappen und dem Reimen begann. Damals nahm ich häufig an Talentwettbewerben meiner Schule in Atlanta teil. Die Energie des Rap hatte mir schon immer gefallen, aber erst als ich Rakim entdeckte, wurde mir klar, was man mit Rap alles anstellen kann. Rakim war der Coolste, der Ruhigste – er zeigte mir, dass Rap nicht nur aus rhythmischen Attacken bestehen muss, sondern auch einfach fließen kann. Damals ging ich allerdings noch davon aus, mein Geld eines Tages mit Malen und Zeichnen zu verdienen. Erst als ich vier Jahre später Antwan (Patton aka Big Boi, die andere Hälfte von Outkast – Anm. d. Red.) in der Highschool traf, fing ich an, dieses Rap-Ding ernst zu nehmen.
Mein Vater legte diese Platte für mich auf …
Funkadelic – MAGGOT BRAIN (1971)
Als Kind lebte ich bei meiner Mutter und sie stand total auf Top-40-Hits: Immer wenn das Radio an war – und das war es bei uns den ganzen Tag – liefen Natalie Cole oder The Emotions. Später zog ich zu meinem Vater. Der rauchte gern einen Joint und hörte dabei Earth, Wind & Fire, Parliament und, am allermeisten: MAGGOT BRAIN von Funkadelic. Dieses Album hat mich einfach umgehauen. Nachdem ich die Platte zum ersten Mal gehört hatte, wollte ich Gitarrist werden. Dieser enorme Umfang an Stilen – in einer Zeit, in der alle Funk spielten, mischten Funkadelic Funk mit Bluegrass, Country und Oper – prägte den Sound von Outkast gewaltig. Allerdings klang niemand jemals wieder wie Funkadelic.
Immer wenn ich mit meinem Cousin abhing, hörten wir …
Prince – SIGN O‘ THE TIMES (1987)
Mein älterer Cousin war mein Vorbild als Teenager. Er trug immer diese aufregenden, schicken Klamotten, und auch seine Art zu sprechen war einfach nur cool. Er brachte mich auf Prince. Wenn ich ihn besuchte, spielte er mir „Kiss“ und „Dirty Mind“ vor und erklärte mir, was die Texte bedeuten. Er war echt so ein Vordenker. Irgendwann zeigte er mir dann SIGN O‘ THE TIMES, was mich in seiner Bedienung aller möglichen Genres sehr an Funkadelic erinnerte. SIGN O‘ THE TIMES ist eine der besten Platten, die je gemacht wurden, und mein Cousin hat das von Anfang an verstanden.
Dieses Album änderte mein Gefühl für Musik …
Kraftwerk – TRANS-EUROPE EXPRESS (1977)
Ich hörte Kraftwerk schon, als ich noch ziemlich jung war, aber es vergingen noch einige Jahre, bis ich verstand, dass diese Band der Haupteinfluss auf Hip-Hop war. Einer der grundlegenden Hip-Hop-Tracks, Afrika Bambaataas „Planet Rock“, ist von Kraftwerk ge-klaut. Kraftwerk klangen wie die Zukunft: keine Gitarren, kein Live-Schlagzeug, nur elektronische Klänge. Die zerlegten Drumcomputer und bauten sie um, um neue Beats zu erschaffen. Was mir an elektronischer Musik gefällt ist die Tatsache, dass du den Club rocken kannst, ohne dass irgendwer weiß, wie du aussiehst. Squarepusher ist die Reinkarnation von Kraftwerk. Was für ein beeindruckender Typ, ich versuche seit geraumer Zeit herauszufinden, wie er all diese Sounds hinkriegt.
Eine aktuelle Entdeckung …
Son House – John The Revelator (1965)
Jazz und Blues haben mich nie interessiert, als ich noch jung war. Blues war etwas für alte Männer und Jazz langweilige Fahrstuhlmusik. Heute höre ich allerdings ständig John Coltranes A LOVE SUPREME, und Blues ist das Genre, über das ich mir am meisten Gedanken mache. Mir gefällt ursprünglicher Blues aus Mississippi. Ich mag Leute wie R. L. Burnside und Son House. Stücke wie „John The Revelator“ und „Death Letter“ sind so tiefgründig, dass du durch sie in eine andere Welt vordringst.
Randnotizen
1. André 3000 heißt bürgerlich André Lauren Benjamin.
2. In fünf Jahren möchte er seine Hip-Hop-Karriere beenden. „Mit 40 will ich nicht mehr auf der Bühne stehen und rappen. Da möchte ich eher in irgendeinem Nachtclub stehen und Saxofon spielen“, sagte er der US-Zeitschrift „Entertainment Weekly“.
3. Der gemeinsame Sohn von André und seiner Ex-Freundin Erykah Badu hört auf den Namen Seven.
4. 2004 wurde er von der Tierrechtsorganisation Peta neben Alicia Silverstone zum sexiesten Promi-Vegetarier der Welt gewählt.
5. Es soll tatsächlich ein weiteres Outkast-Album geben. Laut Big Boi sind die Beats bereits fertig. Er warte nur darauf, bis André mit seiner Soloplatte fertig ist, und dann werde man sich wieder gemeinsam Outkast widmen.
Der nächste Musikexpress erscheint am 18. November 2010.