Boys will be Boys
Wer gut gekleidet ist, entscheidet Wäis Kiani. Heute vor dem Stilgericht: The Drums
Als Gott diese vier Jungs schuf, hatte er nur einen Gedanken: „Boys“. Wahrscheinlich ließ es sich bei der Erschaffung von einem jungen Engel mit langen blonden Haaren assistieren. Adam. Jonathan. Connor. Jacob. Jeden dieser Namen lässt man sich als Mädchen gerne immer und immer wieder durch den Kopf gehen oder mit einem Filzstift mit verschnörkelt-verliebter Schrift auf den Oberarm schreiben. Aber dann sieht man sich die vier genauer an und es fällt einem ein böses Wort ein: Retro! Eine Mischung aus einem verletzten James Dean, „Grease“ und den Stray Cats. Oder ein paar amerikanische Vorstadt-Rockabillys aus einer Zeit, in der Spießer junge Männer mit Stil „Halbstarke“ nannten. Retro ist auch ihre Musik: fröhlich, unbeschwert, jung. Surfer-Musik, die an die Beach Boys erinnert, die selbst einmal amerikanische Vorstadtjugendliche mit Stil waren. An Zeiten also, als der amerikanische Traum noch lebte, das Land für einen guten American Way of Life stand, die Kinder nicht wegen eines ungerechtfertigten Krieges vom anderen Ende der Welt in Blechsärgen heimgeschickt wurden und selbst Richard Nixon das Weiße Haus – und damit das Vertrauen Amerikas in die Politik – noch nicht mit seinen Lügen vergiftet hatte.
Die hochgekrempelten Ärmel der Karo-Flanellhemden, die College-Jacken, Connors Lederjacke im Zusammenspiel mit der hochgegelten Vogelnest-Frise, und Jacobs Schmollmund zu der roten English-Style-Jacke, der besten Jungs-Wetterjacke der Welt, bringen zufällig den Boy-Look-of-the-Moment treffgenau auf den Punkt und lassen ein eher ( Gott soll mich strafen!) an ein gutes Marketing und eine gecastete Boyband denken, statt an angry young men aus der Vorstadt. Vielleicht ist es cooles Styling und Fashion-Pop, vielleicht aber auch nur Zufall, dass diese vier Jungs genau jetzt, in diesem Moment, wo sie mit einer einzigen EP berühmt werden, genau so aussehen, wie man in London, Paris und New York aussieht, wenn man kein Spast sein will.
Da superhorny Ex-Dior-Designer Hedi Slimane – der es ja wissen muss, der sogar die Brille hatte, um im Schmierfink Pete Doherty ein sexy Covermodel zu sehen – The Drums auch schon erspäht und gleich vor seine Linse gestellt hat, geht alles ein wenig zu früh in eine bestimmte Richtung: Overhype statt Underground. Aber ist das jetzt auch egal. Es ist ja schließlich Sommer.
Wäis Kiani
Die Mode-Kolumnistin und Bestseller-Autorin („Stirb, Susi!“) schreibt und lebt in Zürich.