Ein Trend Breakt Um


In Sachen HipHop zeigt sich der ME gut ausgeschlafen.

Der MUSIKEXPRESS, bis heute ja eher unverdächtig, Fachblatt für den Hiphop zu sein, kümmert sich dennoch früh um dieses Thema. Vielleicht weil Blondie-Sängerin Debbie Harry ihm im September 1981 schon geflüstert hat: „Für viele schwarze Kids ist es einfach eine neue Ausdrucksform. Es ist cool und es ist hip, jeder kann es und jeder macht es. Man braucht ja nicht einmal ein Instrument spielen zu können. Ein Ende dieser Bewegung ist noch überhaupt nicht abzusehen.“

Gleich für die Oktoberausgabe besucht der ME „Rapper-König“ Kurtis Blow in der Bronx, feiert im November 1982 das Debüt von Grandmaster Flash & The Funous Five als „das beste Rap-Album aller Zeiten“

und teilt mit dem Leser das noch ziemlich ungewöhnliche Erlebnis eines Hiphop-Gigs (eben vom Großmeister und den Fünf): „Vorne nur fünf Mikrofone, hinten ein Tisch. Dann erst erscheint der emcee (,Zeremonienmeister’j, um uns für den großen Auftritt in Stimmung zu bringen. Faszinierend das artistische Spiel an den Plattentellern: Während von der einen LP ein ,Another One Bites The Dust‘-ähnlicher Beat kommt,produziert er irrwitzige Geräusche mit einer anderen Scheibe, die dritte schließlich jongliert er rückwärts.“

Im November 1983 werden im ME die neuen „Asphalt-Tänze“ aus New York vorgestellt, in den Fußgängerzonen werden sie schon kopiert, und eine Anzeige im Heft bewirbt die „Super Break & Scratch“-Compilation mit besonderem Hinweis auf ihre Gimmick-Dreingabe: „Das Originalmit den weißen Handschuhen“. Da wird es ME-Autor Wolfgang Welt schließlich zu bunt. Er urteilt in einem schlecht gelaunten Kommentar mit der Überschrift „Hip-Hop Flop“: „Der ßreakdance war/ist die große Mode, so wie letztes Jahr Aerobic, davor das Roller-Skating und einst auch, in verwässerter Form, Punk und New Wave. Von all dem ist nicht viel gebliehen. „

Aber nicht einmal der MUSIKEXPRESS selbst lässt sich beirren. Im Plattenteil werden die frühen Alben von Run DMC und den Beastie Boys, später auch von Public Enemy, De La Soul und Boogie Down Productions mit Höchstwertungen abgefeiert, ein Special widmet sich im April 1989 den erfolgreichen “ Hip-Hop-Mädels“ wie Salt V Pepa und Neneh Cherry – und Michael Reinboth fragt im September hinsichtlich des immer rabiateren Streetstyles an Ost- und Westküste der USA:

„Wohin treibt die Rap-Szene?“

Gut so, dran bleiben!