Zurück In die Schieflage
Weg vom Major, ein Mitglied weniger: Bei TELE hat sich vieles verändert - ihren Prinzipien bleiben die Glanzpopper treu.
Es ist ja nicht so, dass Tele allein wären. In den letzten Monaten beendete die Firma Universal, immerhin so etwas wie der größte Unterhaltungskonzern Europas, auch seine Zusammenarbeit mit Kollegen wie Virginia Jetzt!, Voltaire und Muff Potter. Die Lösungsansätze nach dem Majordeal-Verlust waren bei allen Bands ähnlich: zurück auf Los. Kleinere Brötchen. Wieder Indie. Man mag das als natürlichen Prozess begreifen – was kein Geld einspielt, wird eben abgestoßen -, im Fall von Tele ist’s aber besonders schade: Denn der glänzende Superpop, der die letzten beiden Alben WOVON SOL-LEN WIR LEBEN und WIR BRAUCHEN NICHTS charakterisierte, der passte schon ganz gut nach da oben, um der drögen Welt der Klees und Julis ein bisschen Klasse zu verleihen. Jetzt also JEDES TIER. Die Fakten: eingespielt mit Moses Schneider und ruppiger Live-Energie. Durchaus funky und melodiös, aber nicht mehr am Hit entlang arbeitend. Wer das allzu offensiv bedauert, wird von Frontmann Franceso Wilking nicht aus-, wohl aber angelacht: “ Die anderen Platten sind ja nicht gelöscht. Die gibt ’s immernoch, und die sind auch noch ein Teil von uns“, sagt er. Und irgendwie hat er schon Recht, denn der funky Ansatz etwa eines Songs wie „Waiting For Your Call“ ist hübsch. Dass die Herren aus der Universal-Chefetage trotzdem nicht mehr mitgingen, versteht die Band. „Es zeichnete sich recht früh ab, dass die Plattenfirma das höchstens mit halber Arschbacke abarbeiten würde“, sagt Wilking. „Das war für uns keine Option. Wenn man bei so ’nem Label ist,muss man ein großer Act sein, wo auch Geld reinfließt. Nur Prestigeband – das war für uns nicht denkbar. “ Allzu traurig scheinen Tele nicht zu sein – vielleicht auch, weil schon beim Entstehungsprozess des letzten Albums alles wackelte. „Da kündigte sich dann auch während der Aufnahmen der A&R an, um mal nach dem Rechten zu sehen, das war schon unangenehm. Da entstehen dann Situationen, die nicht zu uns passen. Wir können nicht auf Zuruf Hits schreiben. So funktioniert unser kreativer Prozess einfach nicht.“
Und noch etwas ist anders: Mit Gitarrist Tobias Rodäbel ist eines der Gründungsmitglieder ausgestiegen. Die Gründe sind die üblichen musikalischen Differenzen, vielleicht aber auch die verschiedenen Lebensentwürfe. Echter Job vs. Lotterleben, vor allem finanzielle Sicherheit vs. temporäre Schieflage. “ Vielleicht ist es so“, versucht sich Francesco Wilking an einer Definition: „Die Leute, die mit 35 noch Musik machen, das sind die Musiker.“ „Reich sind die, die am wenigsten brauchen“, singt Wilking einmal auf JEDES TIER. Was ein bisschen nach einem Bibelzitat klingt, charakterisiert letzten Endes die Band Tele ganz gut.
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