Der Beobachter
DJ Tobias Lützenkirchen ist selber eher nie "3 Tage wach".
Er hatte ein Pseudonym nehmen können. Ist ja üblich unter Techno-DJs, er selber hat sich schon Mike Litt, LXR und Bully Boys genannt. Aber er ist bei Lützenkirchen geblieben. Und das hat er nun davon: Einen Nummer-Eins-Hit, einen Klingelton-und diese Diskussion am Hals. „3 Tage wach“ hat eine Kontroverse ausgelöst und dafür gesorgt,dass Tobias Lützenkirchen am Knackpunkt seiner Karriere steht. Nun,da sein Debütalbum pandora electronica erscheint, wird sich entscheiden,ob der Münchner weiter ein Auskommen als respektierter DJ finden oder bald DJ Ötzi Konkurrenz machen wird.
Im Stein des Anstoßes reimt Lützenkirchen über pumpendem Rhythmus „Bunte-Pillen-Fete“ auf „Puls wie ’ne Rakete“ und „Notfall-Apotheke“ auf „Rotz auf der Tapete“. Es ist eine Nachricht aus dem Bauch der Clubszene. Eine Satire auf das hemmungslose Feiern, sagt Lützenkirchen, „ein neutraler Spiegel“, den er dem eigenen Publikum vorhält. Doch das fühlt sich, zum Teil, verunglimpft, während TV-Magazine mit dem Stück nun Berichte über komasaufende Jugendliche unterlegen. „Dass die Nummer so polarisiert, war ein reiner Glückstreffer“, sagt Lützenkirchen. Tatsächlich fällt „3 Tage wach“ schon als einziger Track mit Text auf dem Album auf. Der Rest ist eher traditioneller Techno.
Soll er erklären, wie diese am Morgen nach einer durchfeierten Nacht zusammengeschraubte „Spaßsache“diese Kontroverse auszulösen vermochte, kann er „nur spekulieren“. Beobachtet hat er, Jahrgang 1976, allerdings eine neue Generation, die in die Clubs drängt, um ihre „generelle Unzufriedenheit mit dem Alltag“ zu vergessen und „Vollgas zu geben, bis nichts mehr geht“. Nun muss er aufpassen, dass er von den „Großraum-Ravern“, wie er sie nennt, nicht vereinnahmt wird. Denen zuliebe hat man zwar ausgerechnet von Scooter einen Remixfertigen lassen, aber Lützenkirchen weigert sich, am Ballermann oder in der Abifahrt-Metropole Lloret de Mar aufzulegen:“Ich will doch nicht der neue König von Mallorca werden.“
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