„3 Tage wach“: Sein Hit war ein Fluch für Lützenkirchen
Vor acht Jahren konnte man an kaum an einem heruntergekurbelten Autofenster vorbeilaufen, das Internet anschalten oder in einen Club gehen, ohne von Lützenkirchens Druffi-Hymne "3 Tage wach" zugeballert zu werden. Doch tatsächlich leidet Tobias Lützenkirchen bis heute unter den Folgen dieses Hits.
Tobias Lützenkirchen wird vor 39 Jahren in Neuss geboren. Seinen 18. Geburtstag feiert er auf Ibiza, er verliebt sich in den dortigen Lifestyle. Ab Mitte der 90er produziert er eigene Tracks, arbeitet mit Leuten wie Ramon Zenker, DJ Tomcraft und Oliver Koletzki zusammen. Elektro-House überzeugt ihn davon, auch unter eigenen Namen zu veröffentlichen. 2008 sorgt YouTube dafür, dass seine Druffi-Hymne „3 Tage wach“ zum Riesenhit wird. Auch wenn er damit nur Platz 12 der Charts erreicht: Lützenkirchen ist für Wochen überall! Aber dann auch so schnell wieder weg, wie er gekommen war …
Mit acht Jahren Abstand: Was hat dir dein Hit gebracht?
Viel Ärger. (lacht) Und die Sache hört auch nicht auf: Jetzt ist die Generation, die damals zum ersten Mal ausgegangen ist, richtig am Feiern …
… und kommt zu dir ans Pult und verlangt nach „3 Tage wach“?
Nicht nur beim Auflegen, auch in den Social Networks, es kommt ständig überall wieder! Irgendwie kannte das damals ja jeder. Da ich aber aus einer Szene komme, die da sehr eigen ist, wie ja jede, die sich als Untergrund begreift, haben mir das die Leute echt übel genommen.
Konnten sie dich wegen deines Hits nicht mehr ernst nehmen?
Es geht vor allem darum, dass die Clubs, Veranstalter und so weiter keinen Bock auf das Publikum hatten, das ich angezogen habe. Das ging gar nicht gegen mich. Die meisten wussten ja, dass ich davor schon Dutzende von Platten gemacht habe, dass ich jahrelang international gebucht worden war …
Das Stück war auch inhaltlich umstritten: Singt man über Drogen, ist der Vorwurf der Drogen-Verherrlichung nie allzu fern …
Alle möglichen Leute wollten mit mir reden. „Spiegel online“, „Der Stern“ … „1 Live“ hat sogar bei meiner Mutter angerufen, auf die bin ich heute noch stocksauer. Aber das wäre alles nicht so dramatisch gewesen, wenn das Ding nicht auch die Kneipendiscos erobert hätte.
Rein musikalisch ist es ja nun wirklich kein Mainstream-Stück …
Genau. Aber wenn es oben in den Charts ist, wird es automatisch dazu gemacht. Wir haben uns trotzdem geweigert, in solchen Discos zu spielen – obwohl es viele Angebote für gutes Geld gab. Ich wollte mir meinen Namen nicht kaputt machen. Hat aber nichts genützt. Es hat extrem lange gedauert, es wieder auf das Level zu kriegen, auf dem ich heute unterwegs bin. Erst seit ein paar Monaten kann ich auch wieder coole Festivals spielen mit Leuten, die big sind im Techno. 2012 hatte ich sogar darüber nachgedacht, ganz aufzuhören …
Dein Hit hat tatsächlich deine Karriere in Gefahr gebracht.
Ja, zumindest die unter eigenem Namen.
„Hätte es damals mit der Superstar-DJ-Karriere geklappt, wäre wahrscheinlich schon längst tot.“
Den hättest du also besser aus der Sache rausgehalten …
Genau, wenn ich die Uhr noch mal zurückdrehen könnte, würde ich hier anders entscheiden. Man muss aber auch sagen: Die Nummer hatte natürlich nicht nur Nachteile. Ich bekam eben doch immer noch ein paar Bookings. Nur eben nicht mehr die guten Sachen. Und tatsächlich läuft sie offenbar immer noch im Radio – ich sehe das an meinen Gema-Abrechnungen.
Wenn du heute all diese Superstar-DJs siehst: Denkst du manchmal, dass du damals eine Chance vertan hast?
Ja, auf jeden Fall. Es gab nur ein paar minimale Fehlentscheidungen … Das hätte ganz anders laufen können. Auf der anderen Seite sagen meine Freunde: „Hätte das damals funktioniert, wärst du wahrscheinlich längst tot.“ Ich war eine Zeit lang wirklich wild unterwegs – und in so einer Größenordnung hätte ich das wahrscheinlich nicht überlebt.
Zu viel Geld, zu viel Erfolg, zu viele Reisen – das hätte dir nicht gut getan …
Das wäre mit Sicherheit voll in die Hose gegangen. In der Rückschau, ich habe ja heute Familie und so, muss ich sagen: Es ist alles gut so, wie’s ist. Ich kann heute in Ruhe arbeiten, muss nicht der hottest shit sein, muss mich nicht damit beschäftigen, wer wann wo vor oder nach mir spielt. Mir ist das alles völlig Latte. Das macht das alles wesentlich – das ist wohl das richtige Wort – entspannter.
Und hier noch: Die 3 schönsten Begriffe aus „3 Tage wach“!
- Verschallert
- Paniert
- Bollerbuden