11 Fakten über Stereolab


1 Um Popmusik auf so zärtliche Weise mit dem Experiment zu versöhnen, braucht es viel Liebe. Laetitia Sadier und Tim Gane lernten sich Ende der 80er Jahre nicht nur kennen, sondern auch lieben. Ob es allerdings ein Liebesbeweis war, daß Tim seine Band McCarthy auflöste und 1991 in London gemeinsam mit Laetitia Stereolab gründete, ist nicht überliefert.

2 Kein Mensch – nicht mal die Band selbst- weiß genau, wer alles wann und wie lange Mitglied war oder ist. Das ist mehr Behauptung als Fakt, Tatsache aber ist, daß die Mitspieler rund um das (zumindest musikalisch) untrennbare Songwriter-Duo Gane und Sadier häufiger wechseln als die Akkorde in einem durchschnittlichen Stereolab-Stück.

3 Versuchen wir uns an einer Urbesetzung: Drummer Joe Ditworth, Bassist Martin Kean, Sängerin Gina Morris. Diese drei waren bei den ersten Single-Veröffentlichungen 1991 und dem daraus kompilierten Debüt SWITCHED ON dabei, hatten im Line-up, das 1996 das vielleicht beste Album Emperor Tomato Ketchup einspielte, aber nichts zu melden.

4 Statt dessen dabei: Sängerin und Gitarristin Mary Hansen, Schlagzeuger Andy Ramsay, Basser Duncon Brown und Keyboardehn Morgane Lhote. Was haben diese vier mit Longplayer Nummer 14, Fab Four Suture, zu tun, der demnächst in den Läden stehen wird? Erraten: nichts.

5 Im aktuellen Aufgebot zupft Simon Johns den Bali, bedient Joe Watson die Synthies und Dominic Jefferydas Rhodes. Und dazu kommt eine veritable Bläsersektion … aber Jungs, seid nicht böse, eure Namen lassen wir jetzt mal beiseite.

6 Switched On war das erste Album von Stereolab. Oder doch PENG!? Darüber lassen sich trefflich Haare spalten, wahr ist aber jedenfalls: Beide Platten erschienen 1992, und Switched On war zuerst da. Allerdings handelte es sich dabei, wie bereits erwähnt, um eine Kollektion vorangegangener Single-Veröffentlichungen. PENG! hingegen war als Album konzipiert und aufgenommen worden. Und es schreibt sich ja auch viel schöner, daß die Geschichte von Stereolab mit einem lauten Knall begann.

7 Mit einem Knall drohte die Geschichte von Stereolob auch zu enden. Erst 36 Jahre war Sängerin und Gitarristin Mary Hansen alt, als sie am 9. Dezember 2002 mit dem Fahrrad im Londoner Straßenverkehr verunglückte. Zehn Jahre lang – seit PENG! – hatte sie der Band angehört, so lange wie sonst nur die Gründer Gane und Sadier. Die beiden brauchten einige Zeit, um sich von dem Schock zu erholen. Erst 2004 eine für Stereolab ungewöhnlich lange Pause zwischen zwei Alben – erschien mit MARGERINE ECLIPSE der Nachfolger zu SOUND DUST (2001). Entstanden war das Werk im zwischenzeitlich neu eingerichteten Studio.

8 Auch Sean O’Hagen (bekannt durch die High Llamas) war mal Stereolab-Mitglied. Inwiefern er sich tatsächlich jemals als solches verstanden hat, ist vermutlich gar nicht so wichtig. Fakt ist, daß er das Soundgewand von Stereolab seit 1993 erheblich mitgestaltet hat. Auf sein Konto gehen nicht nur die charakteristischen Streicherarrangements etwa auf EMPEROR TOMATO KETCHUP, sondern auch die luftigen, spielerischen, fast schon humoristischen Klangschnipsel, die den geneigten Hörer bei Stereolab immer an High Llamas und bei High Llamas immer an Stereolab denken lassen.

9 Und John McEntire sowieso. Als Leib- und Magen-Produzent von Gane und Sadier gehörte der Tortoise-Chef lange Zeit zum Inventar. Ab Mitte der 90er entstanden Stereolab-Alben vorzugsweise in seinem Studio in Chicago. Zwischendurch ließen Stereolab alle möglichen Produzenten an die Regler, darunter Andi Toma und Jan St. Werner von Mouse on Mars (DOTS and LOOPS, 1997). Die Zusammenarbeit mit McEntire (und Teilzeit-Sonic-Youth-Basser Jim O’Rourke) war für Gane besonders fruchtbar: „Ich liebe es, mit den gleichen Leuten immer wieder zusammenzuarbeiten. Man spricht nach einiger Zeit die gleiche Sprache“, sagte er 2001 in einem Interview.

10 Für fast jeden Zweck haben Stereolab ein eigenes Label. Vermutlich, um Fans in den Wahnsinn zu treiben. Die meisten Alben hat die Band beim Major Elektra rausgebracht, das erste, dritte und neueste jedoch auf Too Pure. Ihr eigenes Label Duophonic nutzen sie vorzugsweise für Singles und andere Sonderveröffentlichungen (gerne in sammlerfreundlichen Kleinauflagen), nicht nur eigene, sondern auch von Künstlern wie Broadcast, Tortoise und High Llamas. Mitunter tauchen Extrakte ihres Schaffens aber auch auf ganz anderen Baustellen auf-1998 etwa das Doppelvinyl Aluminium Tunes auf dem bis dato für strenge Electronica bekannten Label Warp.

11 Um mit Liebe experimentelle Popmusik zu machen, muß man kein Liebespaar sein. Scheint so.

Denn privat gehen Laetitia Sadier und Tim Gane inzwischen getrennte Wege. FAB FOUR SUTURE – eine Zusammenstellung aus sechs limitierten Single-Veröffentlichungen – ist aber keineswegs das Ende von Stereolab, sondern ein weiterer von vielen Anfängen. Mitte des Jahres will die Band in Belgien ein ganz neues Album aufnehmen. Und vorab viel live spielen.

www.stereolab.co.uk